Michael Menzel: Grandioser Illustrator und toller Autor

Als Spiele-Illustrator ist Michael Menzel in der Branche eine bekannte Größe. Ein wichtiger Höhepunkt seines Schaffens: Er hat „Die Siedler von Catan“ grafisch überarbeitet. Wie er zum Spielegestalten kam, wie aus den Entwürfen das endgültige Bild wird und was besonders viel Spaß macht, hat er uns erzählt.

Es war im Jahr 2010, als Menzel den Ritterschlag im Spiele-Illustrator-Universum bekam: Der viel zu früh verstorbene Klaus Teuber, Autor der „Siedler“, die inzwischen „Catan“ heißen, und der Verlag Kosmos kamen damals auf Menzel zu mit dem Auftrag, dem Spieleklassiker ein aufgefrischtes Design zu verpassen. „Kosmos und Teuber hätten dafür wirklich jeden haben können. Keiner hätte dazu Nein gesagt“, erzählt Menzel.

Michael Menzel: „Klaus Teuber ist ein super Typ“

Wer das Aussehen eines der berühmtesten Spiele der Welt erneuern darf, hat sich in der Szene mehr als nur einen Namen gemacht. „Besser geht’s nicht“, sagt Menzel heute noch voll berechtigtem Stolz. Und Spaß hat es auch noch gemacht, weil „Klaus Teuber ein super Typ war. Er hat mir Raum gelassen, mich motiviert, das war eine sehr angenehme Arbeit.“

Damit hat sich ein Kreis geschlossen. Denn zufällig waren es auch die „Siedler“, die Menzel überhaupt erst von der digitalen in die analoge Spielewelt gebracht haben. Zu Beginn des Jahrtausends wirkte er an einer digitalen Version der „Siedler“ mit, knüpfte so erste Bande zur Spielebranche. 2004 traf er einen dieser Kontakte wieder, bekam einen „Testauftrag“ in Sachen Brettspiel und war von dieser Art Arbeit begeistert.

Je nach Verlag unterschiedliches Vorgehen

Der heute 40-Jährige ist dabeigeblieben. Auch, weil die Brettpielwelt eine überschaubare ist. „Ein Computerspiel ist nach Jahren fertig und es arbeiten viele Menschen daran. Im Schnitt brauche ich ein halbes Jahr, um ein Spiel zu illustrieren – und kann sagen: Das ist von mir“, erklärt er.

Inzwischen wird Menzel gezielt beauftragt. Ich fahre dann zuerst zum Verlag und probiere das Spiel aus. Ich muss erfahren, worauf es ankommt.“ Das verhindere, dass für ein Kartenspiel, bei dem es um schnelle Reaktionen gehe, Entwürfe mit verschnörkelten, schwer erkennbaren Zahlen in den Ecken entstehen. Wie genau die Vorstellungen eines Verlags sind bei so einem ersten Treffen sind, sei von Haus zu Haus unterschiedlich. „Große Verlage wie Kosmos sind oft weit fortgeschritten, da gibt es ein sehr detailliertes Briefing. Bei kleineren Verlagen hat ein Spiel auch mal noch gar kein Thema“; erzählt Menzel, der beide Ausprägungen mag. „Einerseits ist es angenehm, sich nur auf das Zeichnen zu konzentrieren. Andererseits ist es spannend, mehr Einfluss nehmen zu können.“ Menzel achtet darauf, Aufträge sowohl von großen als auch von kleinen Verlagen anzunehmen. „Das hält den Job frisch“, kommentiert er das Vorgehen.

Die Legende der „Legenden von Andor“ beginnt im Urlaub mit schlechtem Wetter

Neue Arbeiten bekommt Menzel oft zwischen den großen deutschen Spielemessen im Januar in Nürnberg und im Oktober in Essen. Bis die Gestaltung tatsächlich fertig ist, sind viele Absprachen und Änderungen nötig. „Als Illustrator darf man nicht zu sehr an seinen ersten Entwürfen und Ideen hängen, sonst wird man nicht froh in dem Job“, berichtet der 40-Jährige. „Der Autor und die Redaktion wissen oft, wo sie hin wollen. Als Illustrator bist du nie so tief drin wie die beiden.“

Aber einmal war das anders. Ganz anders. Dieses eine Mal, das waren „Die Legenden von Andor“, Menzels erstes eigenes, mit vielen Preisen ausgezeichnetes Spiel, dessen Geschichte er gerne erzählt. Mit seinem Sohn und seinem Neffen, damals beide neun Jahre alt, war Menzel vor neun Jahren in Urlaub. Das Wetter war schlecht, die versammelten Herr-der-Ringe-Fans wollten sich gerne mit einem Abenteuerspiel mit Drachen, Elfen und Geschichten die Zeit vertreiben. „Aber Rollenspiele haben zig Sonderregeln, sind komplex. Ich wollte für die Jungs etwas einfaches.“

Ein Spiel wird zum Freizeit-Begleiter der Familie Menzel

Also tat der künstlerisch begabte, kreative Mensch, was man in einem solchen Fall eben tut: Er setzte sich hin und entwarf mit den Kindern zusammen einen Spielplan. „Ich malte die Burg, die Jungs den Wald.“ Die Entwicklung der Regeln begann – und ging weiter.

Das Spiel wurde für die Familie zum Freizeit-Begleiter. Irgendwann stellte Menzel fest: „Es nimmt so viel Raum in meinen Gedanken ein, darum habe ich es einem Verlag vorgestellt. Kosmos war aus dem Stand begeistert.“

Großartige Idee: die Losspiel-Anleitung von „Die Legenden von Andor“

Wichtig war dem Illustrator, der plötzlich Autor war, eines: „Wir wollten schnell loslegen können:“ Eine Gewohnheit, die aus seiner Computerspiel-Vergangenheit stammt. „Da legte man die Disk in den Rechner oder die Konsole, und los geht’s.“ Er entwickelte eine Anleitung, die das Spiel beim Spielen erklärt. Die Menzel’sche „Losspiel-Anleitung“ – eine Idee, die von stundenlangem Regellesen geplagte Vielspieler bis heute feiern. Epischst.

Die Fangemeinde wuchs rasch und aus den Geschichten um Andor wurde inzwischen ein ganzes Spieluniversum. Für Menzel war klar: Es wird eine Trilogie, die sich auch online immer regerer Begeisterung erfreut. Nach dem Basisspiel ist vor zwei Jahren der zweite Teil mit „Die Reise in den Norden“ erschienen. Inzwischen gibt es – Stand Frühjar 2016 – Erweiterungen, ein Kartenspiel und einen Roman, den Menzels Frau Stefanie Schmitt geschrieben hat. Der Abschluss der Reihe – Teil drei – ist in Arbeit, er werde die Helden zurück zu den Wurzeln führen, verrät Menzel. Der Andor-Kosmos soll aber sein einziger Ausflug auf die Seite der Autoren sein.

(Anmerkung der Redaktion: Das hat nicht geklappt. Menzel hat inzwischen bei Kosmos die wunderbaren „Abenteuer des Robin Hood“ herausgebracht. 2023 ist mit „Die ewige Kälte“ der Start „Einer neuen Ära“, wie es auf der Website heißt, erschienen. Zur Spiel 2023 kam „Drachenhüter“ hinzu. Weitere Spiele können bei dem Autorentalent gerne folgen.)

Michael Menzel: „Ich kann mich an keinen Tag ohne Zeichnen erinnern“

Die Illustration bleibt aber Menzels Leidenschaft. Denn Malen ist etwas, was ihn begleitet, seit er denken kann. „Ich kann mich an keinen Tag ohne Zeichnen und Skizzieren erinnern.“ Seine analoge Kunst ist nicht auf eine Materialart beschränkt, „ich male auf allem und alles, auch mal Aquarelle oder in Öl“.

Die Spieleillustration dagegen funktioniert meist digital. „Das ist schneller und leicht zu bearbeiten“, verrät er. Er nutzt Grafiktablets, die den Stiftandruck übernehmen und dadurch beispielsweise die Farbintensität bestimmen. „Das fühlt sich sehr nach echtem Zeichnen an.“

Fünf bis zehn Aufträge parallel

Im Schnitt arbeitet Menzel an fünf bis zehn Aufträgen parallel. Etwa 15 von ihm illustrierte Spiele erschienen pro Jahr, da ist alles dabei, vom Cover für ein kleines Würfelspiel bis zu abendfüllenden Strategiespielen.

Seine Arbeit lasse sich in drei Schritte einteilen. Im ersten muss die gestaltete Fassung genauso gut funktionieren wie der Prototyp des Spiels. Im zweiten Schritt soll sie schön sein. Im Bestfall gibt es Schritt drei: „Dabei überlegt man sich, wo eine Illustration den Spielfluss unterstützen kann. Kann ich zum Beispiel gesperrte Felder durch Feuer oder Wasser abdecken? Dann verbessert die Illustration das Spiel sogar“, erklärt er. Grundsätzlich müsse es das Ziel sein, der Spielidee zu dienen, dafür müsse man sich und seine Arbeit unterordnen können.

Michael Menzel: „Spielen ist eine tolle Art, zusammen Zeit zu verbringen“

Das hat Menzel schon für zahlreiche Verlage und erfolgreiche Spiele getan. „Die Säulen der Erde“ und „Das Fundament der Ewigkeit“ (die Spieladaptionen der Ken-Follet-Bestseller sind) oder „Dominion“ sind da nur zwei Beispiele. Ursprünglich, verrät Menzel, war er selbst gar kein Spieler. Durch seine Arbeit ist er erst einer geworden und hat erkannt. „Spielen ist eine tolle Art, zusammen Zeit zu verbringen. Auch, weil es für jeden Geschmack ein Spiel gibt.“ Ob manche schwere rund andere leichter zu gestalten sind? „Wenn es nur um den reinen Spielmechanismus geht, ist es oft schwierig. Der Trend in der Szene geht aber zu Spielen, die eine Geschichte erzählen. Das ist leichter.“

Beispielsweise hat Menzel für den Verlag Abacus das Kinderspiel „Leo muss zum Friseur“ gezeichnet. Ziel ist es, den Löwen Leo zum Haareschneiden zu bringen. Leider ist der aber eine Quasselstrippe und verquatscht sich ständig. Am liebsten und längsten redet er mit der Löwin. Das gestresste Zebra, das nicht gefressen werden will, mag dagegen nicht so lange mit Leo plaudern. Als Rundenzähler hat Menzel einen Löwenkopf entworfen, an den immer mehr Haare gepuzzelt werden. „Bei so einem Spiel passt dann irgendwann einfach alles zusammen.“

Hier noch weitere Spiele, die Michael Menzel illustriert hat:

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