Spieleillustrator Michael Menzel hat mit „Die Abenteuer des Robin Hood“ wieder zugeschlagen – und ein höchst überzeugendes Spiel entwickelt. Xamra hat auf der SPIEL 2021 in Essen mit ihm darüber gesprochen, was ihn erneut dazu bewegt hat, die Seite von Illustrator zu Autor zu wechseln. Denn das hatte er eigentlich gar nicht mehr vor.

Es war im Jahr 2016, als Menzel mit „Die Legenden von Andor“ erstmals zum Spieleentwickler wurde. Sein Werk umfasst inzwischen ein eigenes Fantasy-Universum inklusive Erweiterungen, agiler Online-Community, Junioer-Versionen und Bücher. „Als ,Andor‘ fertig war, dachte ich: So, das war’s jetzt“, sagt Menzel. Gesagt hat er das 2016 auch zu Xamra.

Michael Menzel: neue Idee erstmal „schön für mich behalten“
Doch dann reifte eine neue Idee. „Die habe ich aber schön für mich behalten“, erzählt Menzel und grinst. Denn nachdem sein Debüt im Spielekosmos eingeschlagen hatte, wollte er nicht dem Druck ausgesetzt sein, schnell etwas Neues zu liefern – das aber vielleicht nicht so gut ist, wie es seine eigenen hohen Ansprüche an sich verlangen.
Bereits zwei Jahre nach „Andor“ hatte ihn die Idee gepackt, ein Robin-Hood-Spiel zu entwerfen. Denn der sei „absolut positiv besetzt“, so Menzel und erinnert an die Zeichentrickversion von Disney – Oh-de-lally – und die Verfilmung mit Kevin Costner – beides Klassiker in ihrem Genre.
Lob für Kosmos für visionäre Arbeit
Zunächst dominierte aber „Andor“. Nach dem Grundspiel und zwei großen Erweiterungen und engagierten Fans, die eingestiegen sind und das Universum weitergedacht haben „war ich als Autor fertig damit“, sagt Menzel.
(Anmerkung der Redaktion: Zumindest zu dem Zeitpunkt, denn inzwischen – Stand Juli 2023 – gibt es natürlich auch schon wieder Neues aus Andor, genauer gesagt hat mit „Die ewige Kälte“ ein „Neue Ära“ begonnen.)
Den großen Erfolg um Helden, Monster und Bösewichte hatte Menzel so nie erwartet. Er lobt den Stuttgarter Verlag Kosmos, der all das mit der Unterstützung der Online-Community und der Idee von Blankokarten, um selbst Teile der Geschichte Andors zu schreiben, gefördert habe.

Bekannte Robin-Hood-Thematik funktioniert einfach
„Der Verlag hat das alles visionär gemacht und damit gedacht, dass das groß werden könnte“, erzählt Menzel. Kosmos behielt recht – und der Illustrator war zeitlich gebunden, ehe er sich richtig mit Robin Hood beschäftigen konnte.
Er habe ein neues Spiel machen wollen, in dessen Welt man einfach einsteigen kann und die man ohne viele Erklärungen versteht. Das klappte schon beim Fantasy-Universum von „Andor“ und nun auch bei der bekannten Robin-Hood-Thematik. Außerdem wollte er ein zu „Andor“ gleichwertiges Spiel schaffen, das aber auch völlig unterschiedlich sein sollte. Da sind wir wieder bei Menzels Ansprüchen an sich und sein Werk.
Heimlich, still und leise noch ein Spiel nachgelegt

Mit „Die Abenteuer des Robin Hood“ überzeugte der Illustrator erneut – auch die Macher bei Kosmos, wo man sich nach dem „Andor“-Erfolg gefreut haben dürfte, dass Menzel heimlich, still und leise doch ein neues Spiel nachgelegt hat. Und wieder hat er sich nach der Losspielanleitung von „Andor“, die abgewandelt auch bei „Robin Hood“ funktioniert, etwas einfallen lassen, was es so bei derartigen Spielen bisher kaum gegeben haben dürfte: Einen Spielplan ohne Felder und ein sehr spezielles Zugsystem. Das und das Abenteuerbuch, in dem die Geschichte erzählt wird, habe auch die Redakteure bei Kosmos begeistert, berichtet Menzel.
Wie es dazu kam, dass die Zugweite über unterschiedlich lange Figurentypen und nicht über Karten oder Würfel und die üblichen Feld-Markierungen auf dem Spielplan erreicht wird? „Als Illustrator malst du schöne Landschaften – und musst immer diese Felder drüber legen. Ich habe mir gedacht, wie schön es wäre, wenn ich das mal nicht müsste“, verrät Michael Menzel. Viel getüftelt habe er, bis die Figuren ausgereift waren. Er beschreibt den kreativen Prozess ein wenig drastisch: „Man rennt lange gegen eine Wand. Aber als die Idee da war, gingen plötzlich ganz viele Türen auf.“

Michael Menzel: „Den Spielplan zu gestalten war ein Albtraum“
Das Spiel ist auch von den drehbaren Plättchen in dem Double-Layer-Spielplan geprägt, die die Karte von Burg und Sherwood Forest teilweise variabel machen. „Zuerst habe ich Dinge auf den Plan gelegt, aber das wurde zu wuselig und unübersichtlich“, erzählt der Illustrator. Denn wenn die Kutsche abgefahren ist, sollte sie vom Spielplan verschwinden. Das ging mit den eingelassenen Plättchen besser – und stabiler. Getestet hatte er das schon in ähnlicher Form bei „Andor“, als ein Schiff sein Aussehen verändern musste.
„Aber bei ,Robin Hood‘ ist der Mechanismus abgewandelt und deutlich komplexer“, sagt Menzel und gesteht: „Den Spielplan letztlich zu gestalten war ein Albtraum.“ Denn in Kombination mit den verschieden langen Zugfiguren musste alles passen, die Wache mal einen Zentimeter nach links, der Wald ein Stück nach unten rücken. Digital hat Menzel das gezeichnet, dann ausgedruckt, ausprobiert und verbessert.

Erweiterungen und Spielvarianten
Frohe Kunde für Fans des Spiels: Mit dem Erstaufschlag von „Die Abenteuer des Robin Hood“ ist es nicht vorbei. Michael Menzel erzählt die Geschichte um Robin Hood, Lady Marian, Will Scarlet und Little John bereits weiter – mit drei Bonus-Abenteuern und zwei Spielvarianten (eine schwerer, eine als Solo-Abenteuer). Außerdem gibt es bereits Fan-Abenteuer. All das steht online auf www.die-abenteuer-des-robin-hood.de zum Download bereit. [Update von der Spielemesse 2022: Die Erweiterung „Bruder Tuck in Gefahr“ ist inzwischen erschienen.]
Und was kommt noch – außer der Hauptarbeit als Illustrator? Ein neues Spiel soll eine so ausgereifte Idee wie „Die Abenteuer des Robin Hood“ sein, versichert Menzel. „Heute sage ich nicht mehr, dass ich kein Spiel mehr machen werde“, fügt er an und grinst wieder, als gäbe es sie schon, die nächste Idee.
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