Es gibt sie, diese Tage, die man einfach nicht mehr vergessen wird. Weil man einen beeindruckenden Menschen getroffen hat, dessen herausragende Arbeit und Kreativität man sehr, sehr schätzt. Und den man mit Worten würdigen möchte und hofft, ihm gerecht zu werden. Einer dieser Tage ereignete sich für mich bei der Spiel 2023 am Stand von The Game Builders in Essen – sehr überraschend.
Wer sich in der Brettspielwelt bewegt, kommt an einigen Namen nicht vorbei. Uwe Rosenberg, Reiner Knizia, der viel zu früh verstorbene Klaus Teuber, um nur drei von ihnen zu nennen. Einen von ihnen, Uwe Rosenberg, durfte ich ganz spontan in Essen treffen. Nicht, um mit ihm über „Atiwa“ zu sprechen, über das bei der Spiel im vergangenen Jahr jeder gesprochen hat. Sondern über das kleine, feine Plättchen-Lege-Spiel „Applejack“, das Rosenberg mit dem neuen Verlag „The Game Builders“ verbindet. Denn wenn Menschen aufeinandertreffen, die sich schätzen und verstehen, können bemerkenswerte Dinge entstehen. Bei „Applejack“ waren es Andreas Odendahl, Thorsten Hanson, Lukas Siegmon und eben Uwe Rosenberg. Warum sich lieber mit „Applejack“ als mit „Atiwa“ beschäftigen? Weil es genau eine dieser Geschichten dieser Menschen ist.
„The Game Builders“-Chef bietet Spontan-Interview an
Und warum wollte ich sie erzählen? Weil ich davon gelesen hatte, dass Uwe Rosenberg mit „Applejack“ einem neuen Verlag ein erstes Spiel gegeben hat. Wie kommt so etwas zustande? In Essen kam ich zum Stand von The Game Builders und fragte, ob es möglich sei, mit jemandem vom Verlag über diese Geschichte zu sprechen. Die nette Mitarbeiterin nahm meine Kontaktdaten entgegen und sagte, der Chef werde sich melden. Ich hatte mit einigen Wochen später gerechnet. Die Messenger-Nachricht kam kurze Zeit danach. Ob ich denn um 17 Uhr schon Termine habe oder Zeit hätte? Da wären er, der Illustrator des Spiels und Uwe Rosenberg am Stand und hätten Zeit für ein Gespräch. Ich gebe zu: Mir fiel fast das Smartphone aus der Hand.
Und so kam es, dass ich um 17 Uhr bei The Game Builders zuerst mit dem sympathischen Andreas, genannt „ode.“, Odendahl am Tisch saß und plaudernd den einen oder anderen leicht alkoholischen „Applejack“ konsumierte, einen – wenn ich mich recht erinnere – ausgesprochen leckeren Apfelwhiskey. Es folgte ein Gespräch mit dem ebenso netten Illustrator Lukas Siegmon. Bevor tatsächlich Uwe Rosenberg kam, noch schnell einige Foto- und Autogrammwünsche erfüllt, um mir dann ebenfalls von „Applejacks“ Geschichte zu erzählen. Es begann damit, dass Odendahl und Hanson, die sich seit mehr als zwölf Jahren kennen und sehr aktiv in der Welt der Würfel, Spielfiguren, Karten und Regeln als Autor und Entwickler tummeln, beschlossen, zusammen einen eigenen Verlag – The Game Builders – zu gründen.
„Mit dem Spielen mal Ernst machen“
Das Duo testete lange zuvor eigene Spiele gegenseitig, „daraus entstand eine Freundschaft“, wie ode. erzählt. Mitten in der Corona-Pandemie hatten sie sich die Frage gestellt, ob sie als Spieleautoren weitermachen wollen oder „ob wir mit den Spielen mal Ernst machen“. Wie ode. weiter berichtet, fiel die Entschiedung auf Letzeres. Die beiden bewarben sich um Unterstützung und erhielten ein Stipendium der Wirtschaftsförderung der Stadt Bochum, aus der Hanson stammt.
„Wir haben dann angefangen zu überlegen, was wir zuerst in unserem Verlag veröffentlichen wollen“, sagt Odendahl und erzählt mit schelmischem Grinsen, wie wunderbar es sich fügte, „dass einer der bekanntesten Spieleautoren der Welt ein Freund von uns ist“. Und der sympathische Rosenberg „gibt mit seinem berühmten Namen gerne Starthilfe“, freut sich Odendahl.
Uwe Rosenberg holt neues Spiel aus großem Fundus
Als Rosenberg gehört habe, dass Odendahl und Hanson Verlagspläne haben, „haben wir gemeinsam entschieden und die Lösung für gut befunden“, erklärt Rosenberg, warum er für seine Freunde ein neues Spiel aus seinem großen Fundus geholt hat. Denn jemand wie er hat unzählige Ideen im Regal, Prototypen für jede Gelegenheit, die darauf warten, auf die Brettspielwelt gebracht zu werden. „,Applejack‘ war im letzten Jahr ein Schnellschuss“, verrät Rosenberg über die Entstehung des Spiels, die nur drei Wochen gedauert habe. Zufall sei es, ob ein Spiel sich schnell entwerfen lasse oder lange brauche.
„Mein Name bewirkt eine gute Grundaufmerksamkeit“, sagt Rosenberg und wirkt dabei trotz all seines Ruhms so angenehm bescheiden. „Er ist der Ken Follet der Spielebranche“, zieht der Game-Builders-Co-Chef dagegen einen treffenden Verleich gen Literatur, wenn es um die Aufmerksamkeit geht, die „ein neuer Rosenberg“ verursacht.Und auch in aller Bescheidenheit weiß Rosenberg, dass sein Name das Verlustrisiko beim ersten Spiel eines neu gegründeten Verlags deutlich reduziert.
Illustrator Lukas Siegmon ins Boot geholt
Die Wahl der Freunde fiel auf „Applejack“, das nun im Jahr 2022 erschienen und bei der „Spiel“ in Essen vorgestellt worden ist. „Das Tolle an Entwicklungen von Uwe ist: Er arbeitet so gut vor, dass man kaum noch redaktionelle Arbeit in so ein Spiel stecken muss“, lobt Odendahl.
Und dann kam über Rosenberg sozusagen auch noch Lukas Siegmon als Illustrator mit ins Boot. „Ich hatte mit Uwe vorher schon gearbeitet“, erzählt er. Auch sein allererster Auftrag, „Reykholt“, war ein Rosenberg-Spiel, dessen Style sich in „Applejack“ wiedererkennen lässt. Für „Applejack“ war eine Streuobstwiese, passend zum naturnahen Thema, als Grundlage gesetzt. Gemeinsam wurde probegespielt. „Dabei spürt man, welches Gefühl das Spiel erzeugt und setzt die Illustration so um, dass sie zum Spielgefühl passt“, erklärt Siegmon, wie das Aussehen von Spielplan, Plättchen und Tableaus mit Honigwaben und Bienenkörben, fluffigen Schafen und vor allem den namengebenden Äpfeln entstanden ist.
„War eine große Chance“, sagt ode.
Herausgekommen ist ein schönes, knobeliges und vor allem kurzweiliges Familienspiel. „Wir sind zuversichtlich, dass es gut ankommt“, sagt Rosenberg und einer der Superstars der Brettspielwelt bleibt weiter der zurückhaltende, nette, unaufgeregte Gesprächspartner. „Für uns als neuer Verlag war das eine große Chance“, ist Odendahl zu Recht zufrieden mit dem Erstling des frisch gegründeten Unternehmens. Steht ein solcher Autorenname auf der Spielebox, darf die erste, sonst manchmal zurückhaltend gewählte Auflage durchaus höher sein. Schon in Essen verriet Odendahl, dass es eine neue Auflage geben und das Spiel auch in verschiedenen Sprachen nachgedruckt werden soll.
Für den Vertrieb haben The Game Builders den Buchverlag Calderan aus der Vulkaneifel gewinnen können, bei dem sowohl Händler als auch Kunden das Spiel bestellen können. Das gibt dem neuen Spielverlag Vertriebsmöglichkeiten mitsamt Logistik. The Game Builders haben auch schon weitere Pläne. Fürs Jahr 2023 stellte Odendahl in Essen 2022 schon ein Expertenspiel in Aussicht, ein weiteres ist ebenfalls schon angedacht. Näheres verriet der Spieleautor aber noch nicht. Wir sind gespannt…
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