Bei meinem Besuch bei der APEX-Ideenschmiede vor einigen Tagen ging es auch nach Ludwigsburgs zur KingRaCon, einer kleinen, aber feinen Convention von KingRacoonGames in den Räumen des Fantasy Stronghold in Ludwigsburg. Neben einem tollen Testlauf des Rollenspiels „After the Moonfall“ (Ich bin ein bisschen schockverliebt!) durfte ich mir diverse Prototypen von APEX-Spielen ansehen und anspielen, begleitet, angeleitet und bestens unterhalten von vier „Ideenschmieden“: Martina Dobrindt, Andreas Dobrindt-Ostner, Jasmin Korper und Sven Korper.

Fangen wir mit „Duell der Zirkel“ an. Was symbolisch an die Kelten erinnert, ist ein hirnverzwirbelndes Spiel für zwei mit zwei Siegmöglichkeiten: Entweder man erreicht den goldenen Kreis in der Mitte der gegnerischen Spielbrettseite oder man schlägt alle gegnerischen Steine. „Es ist eine Hommage an zwei Spiele: Indonesische Mühle und chinesisches Tierschach“, erklärt Martina Dobrindt, „es sind beides tolle Spielprinzipien, die wir im ,Duell der Zirkel‘ vereint haben“. Figuren gibt es acht – und jede hat eine eigene Fähigkeit.

„Duell der Zirkel“: Immer erst die Schleife

Die gilt es am Anfang erst mal zu verinnerlichen, sonst gehen viele Zugmöglichkeiten flöten. Denn eigentlich blockieren eigene oder gegnerische Figuren den Weg. Für manche Figuren allerdings nicht. Nur eine Figur kann die blau umrandeten Siegel betreten. Wer das am Anfang macht, sorgt für die Irrwisch-Eröffnung, wie der Auftaktzug nach vielen Testspielen bei den APEX-Mitgliedern genannt wird. Die Figuren haben Werte von eins bis acht, was eine praktische Spielhilfe vermittelt, auf der auch die Fähigkeiten zu lesen sind. Eine Figur kann immer nur gleiche oder niedrigere Werte schlagen. Der Golem mit der Acht kann allerdings vom kleinen Irrwisch mit der Eins umgehauen werden.

Der eigentliche Clou ist aber die so simple, wie hochkomplexe Regel: Schlagen kann ich eine gegnerische Figur nur, wenn ich Schleifen ziehe – mindestens eine, mehr sind möglich. Das bedeutet, dass über die Kurven in den Ecken gezogen werden muss. Auch hier sorgen Fähigkeiten der Figuren für Ausnahmen.

APEX-Ideenschmiede mit Experten-Prototyp

Daneben erklärt mir Andreas Dobrindt-Ostner auch schon das nächste Spiel: „Villa Mechanica“. Und schon der Prototyp hat überall metaphorisch gesprochen „Expertenkracher“ aufgedruckt. „Villa Mechanica“ ist ein Spielbrett, dass aus Würfeln besteht, die verschoben und gedreht werden können in einem schwergewichtigen Capture-the-Flag-Spiel, das entfernt an „Das Verrückte Labyrinth“ erinnert. Auf Speed. Und noch drei anderen bewusstseinserweiternden Drogen. Mindestens.

Zu Beginn steht ein bisschen Deckbuilding, weil jeder der beiden Spieler sich vier Bandenmitglieder mit Tierdecknamen aussucht, die jeweils Karten mit bestimmten Fähigkeiten mitbringen. Das kleine flinke Eichhörnchen hat andere Vorteile als das brachiale Rhinozeros. Es gibt die Wespe, die Eule und mehr. Ziel des Spiels ist es, den Schlüssel, der auf einem der Würfel liegt, aufzunehmen, zum unverrückbaren Tresor zu bringen, die Schatztruhe zu nehmen, und auf eines der eigenen vier Startfelder zu schaffen.

Würfel kippen, drehen, Reihen bewegen bei „Villa Mechanica“

Dem stehen Wächter, Lärm, Fallen und der Gegenspieler im Weg und zwar ganz gehörig. Da werden Wände verschoben, falsche Fährten für die Wächter gen Gegner gelegt, Zwischenwände als Versteck genutzt – und immer wieder Würfel umgekippt, gedreht oder ganze Würfelreihen bewegt.

Dabei den Überblick zu bewahren, ist in der ersten Partie fast aussichtslos. Der Reiz an „Villa Mechanica“ ist aber, dieses überbordende Maß an Möglich- und Fähigkeiten zu durchdringen und so das beste aus dem eigenen Beutezug rauszuholen. Wie das in einem fertigen Spiel aussehen wird? Ich bin extrem gespannt!

Der 1000-jährige Asteroiden-Einsiedler-Aal der APEX-Ideenschmiede

Daneben gibt es mit „Hunters of the Stary Seas“ ein semi-kooperatives Dice-Placement-Spiel, das durch seine krasse Optik ins Auge sticht. Was zu 95 Prozent erst mal am 1000-jährigen Asteroiden-Einsiedler-Aal liegt, der den Spielplan füllt. Ja, richtig gelesen. 1000-jähriger Asteroiden-Einsiedler-Aal.

Dessen Körper wird mit transparenten Plättchen belegt, die die Sternenfahrer mit Schiff und Crew angreifen. Dafür platzieren sie Würfel auf Teilen des Aals. Sobald alle Würfelaugen-Anforderungen des Plättchens erfüllt sind, wird es entfernt und abseits des Spielplans zu einem neuen Muster zusammengefügt, das den Spielenden im Laufe einer Partie Boni bringt.

„Hunters of the Stary Seas“ soll sechs Monster enthalten

Natürlich ist der Aal vom Angriff nicht begeistert und schlägt immer wieder zurück, was letztlich Würfel kosten kann, die dann bei der nächsten Attacke fehlen. Allerdings können sich Schiff und Kapitänin statt anzugreifen auch mit Karten verstärken, die direkt oder später mit Effekt eingesetzt werden.

„Hunter of the Stary Seas“ ist an die Anzahl der Spielenden anpassbar, indem mehr oder weniger Anforderungen auf den Aal-Teilen zu erfüllen sind. Außerdem plant die APEX-Ideenschmiede sechs verschiedene Monster mit verschiedenen Plättchen-Anzahlen in die Spielbox zu packen. Auch da gilt: Ich kann’s kaum erwarten. Schon allein, weil ich den 1000-jährigen Asteroiden-Einsiedler-Aal und seine Buddys höchstpersönlich ins nächste schwarze Loch befördern möchte.

Die wunderbare Geschichte von „Die Kinder der Fay“

Und dann wäre da noch die wunderbare Geschichte von „Die Kinder der Fay und der Danse Macabre – Jagd durch den Dunkelwald“. Hinter dem langen Titel verbirgt sich ein Spiel mit variablem Spielplan, das zunächst Flucht aus einem Labyrinth als Ziel hatte. Die Kinder der Fay versuchen aus dem Dunkelwald zu entkommen, in dem es Bereiche von Licht und Schatten gibt. Der Spielplan wird nach und nach immer weiter aufgebaut. Eine Sanduhr begrenzt die Spielzeit. Ist sie auf dem letzten Feld angekommen und abgelaufen, verlieren die Spielenden. So weit, so schön. Der Prototyp von „Die Kinder der Fay“ ist in einer an „Glow“ erinnernden Schwarz-Weiß-Optik mit wenigen Farbakzenten gehalten und bleibt im Kopf. Es hätte ein Erscheinen verdient gehabt.

Doch es kam ganz außerordentlich anders. Bei einer Präsentation des Spiels kam der kanadischer Verlag No Loading Games auf die APEX-Ideenschmiede zu, weil dessen Vertreter hinter dem „Danse Macabre“ ein französisches Spiel vermutete. War es nicht. Aber der Verlag war trotzdem so angetan von der Spielidee, dass es nun in erstaunlich verschiedenen Versionen mit bekannten Marken auf den Markt kommen wird.

Prototyp wird zu „Cyberpunk Edgerunners“

Die erste ist eine Adaption der Netflix-Serie „Cyberpunk Edgerunners“, die wiederum auf dem Universum des Videospiels „Cyberpunk 2077“ des polnischen Entwicklerstudios CD Projekt Red basiert. Spielbar sind die Charaktere David, Lucy, Maine und Rebecca, jeder mit eigenen Fähigkeiten und Waffen. Licht und Schatten sind bei „Cyberpunk Edgerunners“ überwachte und nicht-überwachte Bereiche.

Die Spielenden werden angegriffen und müssen Munition finden, um sich verteidigen und letztlich fliehen zu können. Fun-Fact am Rande: Ein Charakter im Videospiel „Cyberpunk 2077“ heißt übrigens Apex.

Zweite Variante: „Monster Hunters Rise“

Adaption zwei ist die Videospielreihe „Monster Hunter“ des japanischen Studios Capcom, genauer gesagt „Monster Hunter Rise“. Diesmal spielen wir nicht die Hauptfiguren des Videospiels, sondern deren Buddys. Palamutes und Palicos, Hunde und Katzen, sind die spielbaren Charaktere, die erneut im Vergleich zu den „Kindern der Fay“ eigene Fähigkeiten mitbringen. Die wiederum unterschieden sich von denen der „Edgerunners“. Licht und Schatten sind hier Bereiche mit Deckung aus hohem Gras und ohne Schutz. Diesmal müssen vor dem Gelingen der Flucht Zutaten gesammelt werden.

„Cyberpunk Edgerunners“ und „Monster Hunter Rise“ ist die ähnliche Grundmechanik anzusehen, trotzdem sind es zwei unterschiedliche Spiele. Weitere könnten folgen, denn der Verlag wünscht sich eine ganze Reihe unterschiedlichster Marken-Titel, die auf der „Kinder der Fay“-Grundlage entstehen könnten.

Spannende Art der Arbeit für APEX-Ideenschmiede

Die Arbeit daran ist für die APEX-Ideenschmiede nicht einfach, aber spannend. „Wir schauen, dass Material und unsere Mechanik zum Thema passen. Wir müssen ein Gleichgewicht finden zwischen dem, was spielrelevant und thematische Deko ist“, erklärt Martina Dobrindt. Es ist bemerkenswert, wie gut sich die Mechanik des ursprünglichen Spiels an veränderte Thematik anpassen lässt.

Zum Testen von „Cyberpunk“, als die Arbeit mit der Marke noch nicht offiziell war, mussten plötzlich die „Kinder der Fay“ mit Zaubern um sich werfen, um das Schießen zu simulieren, ohne das die „Edgerunner“ definitiv nicht auskommen. Seit zwei Jahren laufen die Arbeiten an dem Großprojekt rund um die „Kinder der Fay“ schon.

Weiteres Expertenspiel für 2025 angekündigt

Es ist eine neue Art des Arbeitens für die APEX-Ideenschmiede. „Bei unseren bisherigen Spielen haben wir alles bis zum Ende betreut, wie bei ,Dust Race‘ oder ,Pfad der Elemente‘. Jetzt müssen wir erst mal lernen, das Spiel dann weiterzugeben“, erzählt Dobrindt weiter. Ebenfalls schon erschienen ist „Die Schriftrolle der Geheimnisse“.

Das ist aber noch lange nicht alles, an dem die sieben Mitglieder von APEX gerade arbeiten. „In 2025 wird ein Expertenspiel rauskommen“, kündigt Andreas Dobrindt-Ostner an. Es soll ein eigenes Tabletop-System werden. Das passt, immerhin wurde die Ideenschmiede vor Jahren aus einer Tabletop-Gruppe heraus gegründet.

APEX-Ideenschmiede an „Gwent“-Adaption aus „The Witcher“ beteiligt

Man erlaube mir noch einen Fangirl-Moment: Bei einer weiteren Auftragsarbeit erstellt Dobrindt das Layout für „Gwent“. Ja, „Gwent“. Das „Witcher“-„Gwent“, dass in „The Witcher III – Wild Hunt“ ein ständiger Begleiter von Geralt von Riva ist. Darauf bin ich als Sammelnerd, der auf der ganzen, großen, weiten Witcher-Welt rumgerannt ist, um neue Karten einzuheimsen, natürlich auch überaus neugierig.

Es wird in den kommenden Monaten und Jahren spannend sein, zu sehen, was aus den „Kindern der Fay“ und aus dem kreativen, scheinbar nicht enden wollenden Kreativitätspool der APEX-Ideenschmiede noch entsteht. Ich freue mich schon auf jede einzelne Testrunde!

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