Spiel des Jahres 2024: Sky Team –Grandioses Cockpit-Abenteuer für zwei

Vorweg gesagt: Ich mag alle Nominierten, aber „Sky Team“ ist völlig zurecht „Spiel des Jahres 2024“ geworden. Luc Rémonds ist ein herausragendes, kooperatives Spiel für zwei gelungen, in dem Pilotin und Co-Pilot gemeinsam ohne zu kommunizieren per Würfeleinsatz Flugzeuge landen. Auf diversen Flughäfen mit diversen Problemen und Zusatzmodulen. Das ist neu, das ist kreativ und macht einen Riesenspaß. Nichts gegen „Captain Flip“ oder „Auf den Wegen von Darwin“, aber „Sky Team“ ist für mich definitiv das Beste der drei nominierten Spiele.

  • Autor: Luc Rémonds
  • Illustration: Eric Hibbeler & Adrien Rives
  • Spielerzahl: zwei
  • Alter: ab zwölf Jahren
  • Dauer: 20 Minuten
  • Lustige Startspielerbestimmung: keine
  • Verlag: Kosmos

Vor die Landung hat Luc Rémonds einige Aufgaben gestellt, die in ganz unterschiedlichen Schwierigkeiten daher kommen. Fangen wir mit dem Anfängerflug an – das erste Szenario mit Zielflughafen Montréal-Trudeau. Dafür kommt das Cockpit von „Sky Team“ zwischen die Spielerinnen, darauf sind allerlei Marker und Plätze für Würfel zu sehen. Die haben mit Fluglage, Aerodynamik, Bremsen, Schalter, Funk und Kaffeetassen zu tun. Dazu kommen wir gleich der Reihe nach.

Höhe bleibt, Entfernung und Hindernisse variieren

Erst erhält der Pilot noch den blauen Sichtschirm und die passenden Würfel, beim Co-Pilot ist das alles in Orange gehalten, okay, der Sichtschirm ist eher gelb, aber egal.

Damit wir wissen wohin wir fliegen, legen wir am oberen Rand des Cockpits in einer Aussparung die Entfernungsleiste bereit, darauf für jedes Symbol ein kleines Holzflugzeug, das uns im Weg rumfliegt. Die Leiste zeigt an, wie weit wir noch vom Zielflughafen weg sind. Daneben ist die Höhenleiste zu finden, die sich von 6000 Fuß in Tausenderschritten abwärts bis zur Landung bewegt. Ziel ist es, die Leisten sozusagen zeitgleich bis zum letzten Feld geschoben zu haben, sodass das Flugzeug beim Flughafen auch auf null Fuß angekommen ist.

Pro Runde zwei mal vier Würfel einsetzen

In jeder Runde setzen der Pilot und Co-Pilot jeweils vier Würfel ein. Vor einer Runde dürfen sie sich besprechen. Sobald sie gewürfelt haben, ist Stille angesagt, bis alle Würfel untergebracht sind.

Nach jeder Runde wird die Höhenleiste ein Feld nach unten geschoben, nach spätestens sieben Runden ist also Schluss.

Spieler-Duo hat gemeinsame und getrennte Aufgaben bei „Sky Team“

In einfacheren Szenarien gibt es auf der Höhenleiste zwei, in schwereren ein Neuwürfel-Plättchen. Sobald das Plättchen unter das Cockpit geschoben werden würde, dürfen die Spieler es nehmen. Das kann die Rettung nach einem missglückten Wurf sein. Einer des Piloten-Duos sagt zu einem beliebigen Zeitpunkt an, dass er es verwenden möchte. Danach dürfen beide beliebig viele Würfel, die noch nicht eingesetzt sind, neu würfeln.

Aber was machen wir denn jetzt mit unseren Würfeln? Dafür gibt es viele Möglichkeiten. Steuermann und -frau des Flugzeugs haben gemeinsame und getrennte Aufgaben. Grundsätzlich gilt: Die Farbvorgaben im Cockpit müssen beachtet werden, blaue Felder muss die Pilotin erledigen, orangefarbene der Co-Pilot. Auf zweifarbige Felder dürfen Würfel beider Farben. Zugleich gilt, dass Zahlvorgaben einzuhalten sind.

Pilotin kümmert sich ums Fahrwerk und die Bremsen

Starten wir mit der Pilotin. Sie muss während der sieben Runden mit drei Würfeln mit den Werten Eins oder Zwei, Drei oder Vier und Fünf oder Sechs die Fahrwerk ausfahren. Mit kleinen Schalterplättchen, die dann „grün“ zeigen, kann sie für spätere Runden markieren, wo schon ein Würfel lag und wo er noch fehlt. Geht ein Schalter auf „grün“, rückt auch der blaue Aerodynamik-Marker einen Schritt nach vorne, das wird später bei den Triebwerken wichtig.

Ebenfalls Pilotinnen-Aufgabe sind die Bremsen. Bei den nacheinander zu aktivierenden Plätzen für eine Zwei, eine Vier und eine Sechs zeigen wiederum Schalter an, ob sie schon aktiviert sind. Bei der Landung am Ende ist ein möglichst hoher Bremswert wünschenswert, dazu kommen wir aber noch.

Co-Pilot fährt Landeklappen aus

Der Co-Pilot hat derweil vier Felder Würfelplatz (Eins/Zwei, Zwei/Drei/, Vier/Fünf, Fünf/Sechs) für die Landeklappen. Er muss sie nacheinander von oben nach unten abarbeiten. Für jeden eingesetzten Würfel rutscht der orangefarbene Aerodynamik-Marker ebenfalls eins nach vorne.

Das klingt alles machbar? Stimmt. Wenn da nicht die gemeinsamen Pflichtaufgaben in jeder Runde wären: Das Ruder und die Triebwerke. An beiden ist jeweils ein blauer und ein orangefarbener Würfel zu platzieren und das reduziert die Möglichkeiten für andere Aktionen gewaltig. Sobald der zweite Würfel liegt, folgt an beiden Flugzeugteilen jeweils sofort eine Aktion.

Am Ruder nicht ins Trudeln kommen

Beim Ruder entscheidet die Differenz zwischen den Würfeln, wie sehr das Flugzeug sich in welche Richtung neigt. Bei einer blauen Vier und einer orangefarbenen Zwei neigt es sich zwei Schritte in Richtung blau, also in Richtung Pilotin. Das ist mit einer durchsichtigen Plastikscheibe clever gelöst und macht sehr deutlich, wie schief wir grade in der Luft hängen.

Die Neigung darf hier niemals die roten Kreuze am linken und und rechten Rand der Anzeige erreichen. Dann kommt das Flugzeug ins Trudeln und die Spieler haben sofort verloren. Heißt: Wenn das Flugzeug stark zur Pilotin geneigt ist, sollte ihr Würfel in der nächsten Runde einen kleineren Wert zeigen als der des Co-Piloten, um das Flugzeug wieder in eine bessere Position zu bekommen.

Triebwerke und Funksprüche

Bei den Triebwerken wird Orange und Blau addiert. Und nun kommen wir wieder auf die bereits erwähnten Aerodynamik-Marker zurück, die entlang einer Zahlenleiste sitzen. Liegt die Würfelsumme zwischen den beiden Markern fliegt das Flugzeug sofort ein Feld näher an den Zielflughafen. Wenn die Summe rechts des orangefarbenen Markers liegt, fliegt es sogar zwei Felder weiter. Links des blauen Markers sorgt die Summe dafür, dass das Flugzeug in dieser Runde gar nicht vorwärts bewegt wird – klingt seltsam, ist aber je nach Szenario oder Würfelergebnis nötig.

Pilotin und Co-Pilot haben außerdem noch ein beziehungsweise zwei Felder für Funksprüche-Würfel. Denn im Luftraum vor dem Flughafen tummeln sich ja – wir erinnern uns – noch diverse andere Flugzeuge. Legt der Co-Pilot einen Würfel mit einer Drei auf ein Funk-Feld, zählt er vom untersten sichtbaren Feld der Entfernungsleiste drei Felder hoch und entfernt dort eines der kleinen Flugzeuge. Die müssen konsequent alle aus dem Weg, sonst wird’s ungemütlich im Luftraum.

Kaffeetasse kann bei „Sky Team“ die Rettung sein

Können beide mit einem ihrer Würfel nichts anfangen, kommt er auf eines der drei Konzentrationsfelder. Das bringt bei „Sky Team“ sofort eine kleine Kaffeetasse. Die kann jeder der beiden später „austrinken“ und dafür einen Würfelwurf um den Wert eins nach oben oder unten korrigieren.

All das dient dem Ziel, eine ordentliche Landung hinzulegen. Ob das passiert, entscheiden Höhen- und Entfernungsleiste. Sobald wir dank der Triebwerke die Entfernungsleiste aufs letzte Feld schieben und damit den Flughafen erreichen, sollten wir am Ende dieser Runde auch die Höhenleiste aufs letzte Feld bugsieren und bei null Fuß ankommen.

Für gelungene Landung ist bei „Sky Team“ so einiges nötig

Das ist nur allzu logisch. Denn am Flughafen ankommen, wenn wir noch 1000 Fuß hoch sind? Schlecht. Bei null Fuß sein, obwohl wir noch nicht am Flughafen sind? Genauso schlecht. Übrigens führen alle nicht rechtzeitig aus dem Weg geräumten Flugzeugmarker auf unserem Weg auf der Entfernungsleisten zu Kollision und damit ebenfalls zur Niederlage.

Wann gelingt die Landung am Flughafen bei null Fuß? Das Duo landet erfolgreich, wenn alle Schalter von Fahrwerk und Landeklappe auf grün stehen, alle anderen Flugzeuge aus dem Landeanflugweg geräumt sind. Oh, das Flugzeug müsste dann bitte exakt gerade in der Luft liegen. Dann noch der richtige Bremsweg – und alles ist gut. Der richtige Bremsweg? Ja, genau. Das auch noch. Für die Landung prüfen wir schließlich nicht mehr die Aerodynamik(-marker), sondern ob wir es schaffen perfekt zu bremsen. Dafür muss die Summe der Triebwerkswürfel geringer sein als der aktuelle Wert der Bremse.

Ein ganzes Logbuch voll weiterer Aufgaben

Als ob all das nicht schon viel Spiel wäre, gibt es noch ein ganzes Logbuch voll weiterer Aufgaben. Es gibt insgesamt sechs Routine-Landungen, sieben mit außergewöhnlichen Bedingungen, fünf für Spitzen-Pilotinnen und -Piloten und drei sind sogar heldenhafte Landungen, die uns einen Eintrag in die Geschichtsbücher der Fliegerei bringen. Dafür kommt jeder anzupeilende Flughafen mit einer eigenen Entfernungsleiste daher. Die wiederum zeigt per Farbcode an, ob die einfache oder schwierigere Höhenleiste verwendet wird – und so viel mehr.

Denn auf jeder Entfernungsleiste sind Symbole zu finden, die zusätzliche Module für weitere Schwierigkeiten ins Spiel holen. Da bringt ein fieser schwarzer Würfel über die Entfernungsleiste immer wieder neue Flugzeuge in den Weg unseres Fliegers. Mal müssen wir Kurven oder bedrohlichen Wolken ausweichen und dafür an einem bestimmten Feld auf der Entfernungsleiste eine bestimmte Neigung über das Ruder erreichen. Oder wir spielen in Echtzeit und haben für jede der sieben Runden nur jeweils 60 Sekunden Zeit, danach gesetzte Würfel werden ignoriert. Sind auch nur in einer Runde nach der Minute nicht die vier Felder von Ruder und Triebwerke nicht besetzt, ihr ahnt es schon, haben wir verloren.

Zusätzliche Module machen „Sky Team“ variabel und häufig wiederspielbar

Die Kerosinleiste zwingt zum Würfeleinsatz mit niedrigen Zahlen, damit nicht unnötig viel Kraftstoff verbraucht wird – natürlich verlieren wir auch, wenn er leer ist. Da will man über das Modul „Kerosinleck“ vielleicht gar nicht näher nachdenken. Der Verlust wird diesmal über die Differenz der Triebwerk-Würfel gesteuert. Wir können aber auch einen Praktikanten ausbilden oder uns mit Windböen herumärgern müssen – oder sogar mit vereisten Landebahn, die spezielle Bremsen benötigt.

All das ist mit simplen gelben Linien einfach an den passenden Stellen ans Cockpit anbaubar und macht „Sky Team“ zu einem noch spannenderen und anspruchsvolleren Erlebnis. In manchen Szenarien hat das Duo außerdem auch noch ein bis zwei von sechs Fähigkeitskarten zur Verfügung, die es in verschiedenen Kombinationen mit den Szenarien ausprobieren kann.

Klingt kompliziert, ist es aber nicht und spielt sich großartig

Puh, darauf noch n Kaffee. Und her mit dem nächsten Flughafen! Denn was sich nach richtig viel und richtig komplexen Regeln anhört, spielt sich nahezu intuitiv, wenn man erst mal damit angefangen hat und bleibt mit den diversen Modulen sehr abwechslungsreich. Anders gesagt: Das kann fast nicht langweilig werden, weil immer neue Würfelwürfe das Spiel bestimmen. Natürlich ist das glückslastig, zugleich aber über die verschiedenen Aufgaben trotzdem erstaunlich gut strategisch nutzbar.

Die Würfelsetzerei ist ausgesprochen vielschichtig. „Erst der Funk, dann die Triebwerke“ ist nur ein Beispiel, weil das Vorwärtsfliegen erst passieren darf, wenn ein weiteres Flugzeug aus dem Weg gefunkt ist. Aber was, wenn die Aerodynamik-Marker schnell weit vorrücken und plötzlich gar keine Vorwärtsbewegung stattfindet? Dann muss in einer der nächsten Runde der doppelte Weg zurückgelegt werden, um den Flughafen passend zur Flughöhe rechtzeitig zu erreichen. Trotzdem kommt es nicht zur Analyse-Paralyse, weil es eben doch „nur“ vier Würfel sind.

Ganz eigene Energie und Dynamik

„Sky Team“ entwickelt durch die Nicht-Kommunikation, dass Hoffen auf den passenden Würfel des anderen, die vielen Aufgaben, die es zu bedenken gilt, eine ganz eigene Energie und Dynamik die große Freude bereitet. In der kleinen Schachtel steckt nicht nur viel hochwertiges Spielmaterial (mit wenigen Handgriffen sind die ausgepöppelten Teile zu Doublelayer-Boards gezaubert), sondern noch mehr Spielspaß. Für mich ist das definitiv unter den drei Nominierten das würdige „Spiel des Jahres“.

Erweiterungen

Weil „Sky Team“ schnell viele Fans gewonnen hat, hat Kosmos online bereits weiteres Material zur Verfügung gestellt: Bonus-Szenarien und weitere Flugziele.

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