Im großartigen „Roll Camera!“ von Malachi Ray Rempen wird mithilfe vieler Würfel ein gemeinsamer Film gedreht. Das geschieht mit liebevoll gestaltetem Spielmaterial und hat zwei gänzlich unterschiedliche Richtungen, in die sich das Ganze entwickeln kann: Entweder muss das Machwerk ein herausragender Blockbuster oder der schlechteste Film aller Zeiten werden. Das ist anspruchsvoll, aber unterhaltsam – in unserem Fall mit der englischen Version des Spiels, die deutsche Variante ist aber inzwischen auch beim Kobold-Spieleverlag erschienen.
Vor den Kinogenuss haben die Filmgötter bekanntermaßen die Arbeit gesetzt. Die Zusammenarbeit, um genau zu sein, denn gewonnen wird gemeinsam. Das Projekt ist aber vielschichtig und bedarf einiger Konzentration – und Würfelglück.
Wobei entweder ein Film mit so vielen Stars und Sternchen entsteht, dass er ein „Cineastisches Meisterwerk“ wird – oder ein Film, der so schlecht ist, dass er bei den Kritikern schon wieder als originell durchgeht. Wie in der echten Kinowelt eben.
Film besteht aus fünf Teilen bei „Roll Camera!“
Um eines der beiden Ziele zu erreichen, wird ein Film in fünf Teilen gedreht. Für einen Teil muss immer eine bestimmte Kulisse am Set aufgebaut und mit allem Nötigen ausgestattet werden. Für alles gilt: Man braucht die richtigen Würfel. Die werden verwendet, um Probleme zu lösen, von denen es beim Dreh so einige gibt.
Außerdem müssen Teile des Sets gebaut, ein Praktikant beschafft, Ideen gesammelt und ein Produktionsmeeting abgehalten werden. Nicht zuletzt geht es natürlich auch noch um den Dreh der einzelnen Szenen. Klingt viel? Ist es auch.
Crew besteht aus Würfeln
Die Würfel bilden dabei die Crew aus den Bereichen Kamera, Licht, Ton, Schauspieler und das für Set, Kostüme und Requisiten zuständige Art Department. Dann wären da noch die Jungs und Mädels der Visual Effects, die als Joker dienen. Keine passende Kulisse? Entwerfen die dann eben am Ende am Computer – so ließe sich das erklären.
Wie könnte es auch anders sein, jeder Drehtag startet mit einem Problem. Was tun, wenn der Schauspieler so lange das Schreien geübt hat, dass er nun keine Stimme mehr hat? Dann darf an diesem Tag kein Schauspieler-Symbol verwendet werden. Mal kostet das Problem auch Geld und Zeit.
Wenig Zeit, wenig Geld – wie am echten Set
Womit wir bei der nächsten Krux des Filmdrehs angelangt wären: Beides ist so richtig knapp, sowohl der Zeitplan als auch das Budget. Also müssen Probleme am besten gestern gelöst werden, bevor man sich wieder um die eigentliche Arbeit am Film kümmern kann. Auch das erledigt die Crew, beim ersten Problem mit zwei beliebigen Würfeln, beim zweiten und dritten mit zwei Würfeln, die das gleiche Symbol zeigen müssen.
Wer eine Arbeit nur anfangen kann, darf einige seiner Würfel für den nächsten Spieler liegen lassen – beispielsweise, wenn es um die drei gleichen Symbole für die Problemlösung geht. Wichtig ist zu Beginn auch, Teile des Sets zu beschaffen, denn Szenen können nur dann gedreht werden, wenn die auf den Szenenkarten gezeigte Würfelkonstellation erfüllt ist. Das geht aber immer nur auf den blauen Karten am Set und nicht auf den Kulissen und den weißen Flächen, die noch nicht mit Setteilen belegt sind.
„They Buried Clownfighting“: lustiger Filmtitel aus „Roll Camera!“
Punkte, also Sterne für die Schlusswertung, gibt es für gedrehte Szenen und für gut eingesetzte Würfel am Set. Unter anderem aber auch für richtige Kombinationen von Szenen auf dem Filmstreifen am rechten Spielfeldrand. Verantwortlich dafür sind Script-Karten, die zufällig gezogen werden und Anfang und Ende des Filmtitels enthalten. Das ergibt lustige Kombinationen wie „Truth, Lies & Gin Tonic“ oder „They Buried Clownfighting“.
Außerdem zeigen diese Karten auch, welche Szenen im Film enthalten sein sollten. Drama, Liebe, Comedy, Action oder Kurioses – farblich gekennzeichnet wird schnell klar, was am Ende auf dem Streifen zu sehen sein muss, damit es Punkte gibt.
Viele Kleinigkeiten bringen zum Schmunzeln
„Roll Camera!“ ist ein bemerkenswert unterhaltsames, kooperatives Spiel, das auch alleine gegen Zeit und das Budget gespielt werden kann. Im Spiel mit mehreren Filmfans sind Absprachen permanent nötig, um ans Ziel zu gelangen. Es gibt auf Karten und auf dem Spielbrett unzählige Kleinigkeiten zu entdecken, die zum Schmunzeln bringen.
Da wären beispielsweise die sogenannten Privilegien der einzelnen Rollen auf den Spielertableaus. Jeder hat seine Eigenheiten. Der Regisseur darf beim Dreh einer Szene laut „Action“ brüllen, beim Ton-Chef ist es „Ruhe am Set!“. Der Editor darf Mitspieler dazu auffordern, mitten im Satz oder in der Bewegung einzufrieren, während er Star jederzeit Applaus von den Mitspielern einfordern kann.
Produktionsfirmen für zusätzliche Challenge
Wer noch mehr Herausforderung möchte, nimmt die Produktionsfirmen ins Spiel, deren Logos bestimmt nur ganz zufällig an reale Größen der Szene erinnern.
Doch bei allem Humor ist es gar nicht so einfach, die gesetzten Ziele zu erreichen, bevor das Team pleite oder der Zeitplan aus dem Ruder gelaufen ist. Trotz Comicstyle und viel Heiterkeit ist „Roll Camera!“ ein anspruchsvolles Spiel mit hohem Glücks-, aber auch Spaßfaktor, bei dem man sich von den umfangreichen Regeln nicht abschrecken lassen sollte. Es lohnt sich wirklich!
Erweiterungen/Aus der Reihe
Für „Roll Camera!“ gibt es (Stand September 2023) die Erweiterungen für „B-Movie“.
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