Die Menschheit hat’s mal wieder vergeigt. Die Erde ist ausgebeutet. Also müssen neue Planeten erschlossen werden, um die Zukunft des Homo (nicht ganz so) sapiens zu sichern. Also fliegen wir in „Planet Unknown“ zu eben jenen unbekannten Himmelskörpern und bauen dort, was das Zeug hält – in einem herausragenden Kennerspiel, das 2023 nur knapp am „Kennerspiel des Jahres“ vorbeigeschrammt ist, dann aber auf der Spiel 2023 den Deutschen Spielepreis abgeräumt hat.
Jeder Spieler hat einen Planeten und einen Konzern, der den Neustadt vorantreiben will. Auf jedem Planeten sind sechs Rettungskapseln auf festgelegten Feldern abgestürzt. Nun hält der Konzern Einzug, beginnt zu bauen und bedient sich dafür einem wunderbaren Konstrukt, der Raumstation S.U.S.A.N., angelehnt an die sogenannte „Lazy Susan“, ein drehbarer Teller, der dafür sorgt, dass jeder am Tisch an alles dran kommt.
So ist das auch mit der Raumstation, die pikepackevoll ist mit Polyominos. Diese Bauteile bestehen aus tetrisartig aneinandergesetzten Quadraten in teils skurrilen Formen. Die S.U.S.A.N. ist in sechs Sektoren mit je zwei Plättchen unterteilt.
S.U.S.A.N. zwingt zur Plättchenwahl
Wer an der Reihe ist, sucht sich ein Bauteil aus, das – egal, wie groß es ist – immer zwei Ressourcen zeigt. Möglich sind Bevölkerung, Wasser, Biomasse, Rover, Technologie und Energie. Der Clou, der die Downtime erfreulich niedrig hält: Jeder Spieler hat einen kleinen Marker am Rand der S.U.S.A.N. liegen. Hat die aktive Raumkapitänin die S.U.S.A.N. so gedreht, dass das Plättchen ihrer Wahl bei ihrem Marker liegt, müssen alle anderen eines der beiden Plättchen aus dem Sektor nehmen, der nun an ihren Marker grenzt.
Und da beginnt eine charmante Fiesheit von „Planet Unknown“ – die Wahl aus den zugedrehten Plättchen ist meistens Pest gegen Cholera, sie passen so gut wie immer beide gerade überhaupt nicht in den so hübsch zurechtgelegten Plan. Das wird schlimmer, je mehr Spieler am Tisch sitzen und je öfter man nicht selbst kontrolliert, welches Teil man nehmen möchte. Haben alle gewählt, wird gebaut.
Die Bauregeln: Das erste Teil muss an den Rand des Planeten angrenzen, danach muss waagerecht oder senkrecht an ein bereits liegendes Teil angrenzend gebaut werden, es sei denn, eine Technologie erlaubt anderes. Plättchen müssen im Planetenraster und dürfen nicht überlappend liegen. Wer über einen Rover oder eine Rettungskapsel baut, zerstört das jeweilige Teil. Ist ein Meteor darauf abgebildet, kracht einer auf das gerade gelegte Plättchen – bitte nicht werfen. Wasser wirkt nur als Ressource, wenn das Plättchen eine blaue Eisfläche auf dem Planeten berührt. Die Plättchen dürfen beliebig gedreht und auch auf ihre dann spiegelverkehrte Rückseite geflippt werden.
Plättchen legen, Ressourcen sammeln
Die beiden Ressourcen des Plättchens werden auf dem Konzerntableau gerückt, dafür rutscht ein Plastikwürfel in der passenden Skala ein Feld nach oben. So sind immer wieder Belohnungen zu erreichen. Auf allen Skalen finden sich neben Siegpunkten auch bunte Kreise. Das ist der Synergieschub, der es erlaubt, einen beliebigen Würfel ein weiteres Feld nach oben zu bewegen, was hübsche Kettenreaktionen auslösen kann.
Auf der Bevölkerungsleiste gibt es außerdem entsprechende Karten zu gewinnen, die am Spielende auf verschiedene Arten Medaillen, also Siegpunkte bringen. Bei der Biomasse gibt es Einerplättchen zu gewinnen, die wertvoll sind, um Löcher auf dem bebauten Planeten zu stopfen.
Mit dem Rover unterwegs – brumm, brumm
Auf der Roverleiste wird festgelegt, wie weit sich der Rover mit jedem nach oben gerückten Feld bewegen darf, am Anfang ist es nur eins, am Ende sind es vier und dazwischen wird auch noch ein zweiter Rover auf den Planeten verfrachtet. Die Raumfahrzeuge sind wichtig, weil mit ihnen sowohl Rettungskapseln als auch Meteoriten eingesammelt werden. Die ersten bringen Siegpunkte, die zweiten auch, zugleich sind sie aber auch Hindernisse in der Schlusswertung, weshalb man sie tunlichst von der Oberfläche haben will.
Auf der Technologieleiste können die Raumfahrer Stufen erreichen, die Vorteile bringen – mal muss die Spielerin nicht mehr angrenzend bauen, mal darf sie den Rover immer ein Feld weiter bewegen. Die Vorteile sind stärker, je entwickelter die Technologie ist.
Energie als Jokerressource
Was es nun noch mit der Energieressource auf sich hat? Sie ist eine Art Joker ohne eigene Ressourcenleiste und sieht nach Solaranlage in der Wüste aus. Stattdessen darf eine Spielerin für eine an das gerade gelegte Plättchen angrenzende Ressource rücken. Hat sie dabei Plättchen mit Energieressource zu einem großen Gebiet aneinander gelegt, gilt alles als angrenzend, was an das Energiefeld stößt.
So bauen sich die Spielerinnen über ihren Plaenten, bis keine mehr ein Bauteil legen kann. Die Schlusswertung folgt, für die ein nützlicher Block beiliegt, denn Punkte gibt es für vieles: für manche Technologien und Bevölkerungskarten, für jede Reihe und Spalte auf dem Planeten, die komplett bebaut ist, für die Ressourcenleisten, für eingesammelte Rettungskapseln und Meteoriten und dann gibt es auch noch Zielkarten, die zwischen den Spielern liegen und für Punkte Anforderungen stellen wie „habe die meisten Bevölkerungsressourcen am Rand“ oder „habe das größte Biomassegebiet“.
Neue Planeten und Konzerne warten
Weil all das noch nicht genug ist, lässt sich das Besiedeln der Planeten mit Ereignis-Karten noch abenteuerlicher machen. Und dann wären da noch die Planeten und Konzerne. Das sind entweder für alle Spieler KSB-A156 und Unternehmen Universal – oder, und auch darin liegt ein großer Reiz und Wiederspielwert von „Planet Unknown“: Jeder bekommt einen eigenen Planeten und/oder Konzern. Das bringt für jeden unterschiedliche Startvorausetzungen und taktische Möglichkeiten.
Auf Arashi ist der Planetenring ein Hindernis, auf K-273 gibt’s richtig viel Wasser, Persephone hat verbotene Ressourcen, um mal drei Beispiele zu nennen. Die Konzerne haben neue Möglichkeiten oder Probleme mit Rover (Horizon Group), Rettungskapsel (Cosmos Inc. und Jump Drive) oder Wasser (Oasis Ultd.). Zudem haben die Konzerne unterschiedliche Wertungsskalen und technologische Errungenschaften. Beim Universal-Konzern muss der Raumstationsbauer auf Stufe fünf beispielsweise kein Meteoriten-Symbol mehr legen. Bei der Oasis Ultd. gibt es einen Synergieschub pro gelegtem Plättchen mit Wasser.
Nicht nur das macht „Planet Unknown“ zu einer bemerkenswert abwechslungsreichen, ausgesprochen unterhaltsamen Plättchenlegerei, die auch nach vielen Malen nicht langweilig wird. Solo ist das Werk auch gut spielbar. Jeder, der bislang mitgespielt hat, wollte gerne wieder unbekannte Welten entdecken und besiedeln. Und „brummbrumm“ murmelnd mit dem Rover über die Oberfläche tuckern und diese elenden Meteoriten einsammeln.
Erweiterungen/Aus der Reihe
Für „Planet Unknown“ ist (Stand Oktober 2023) die Erweiterung „Supermoon“ erschienen.
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