Wie wird man eigentlich ein Superheld? Es kann ja nicht jeder von einem anderen Planeten stammen oder von einer mutierten Spinne gebissen werden… Der Frage geht Robert Heller in „Neue Helden braucht das Land“ auf höchst amüsante Weise nach.

Aller Superheldenanfang ist schwer. Zwei bis acht Möchtegern-Helden können sich am Spieltisch beweisen – im Kampf um Siegpunkte? Oh, nein. Die Superheldin von heute sammelt in ihrer Stadt Follower. Denn ohne Aufmerksamkeit merkt ja keiner, wie super man ist und welche Heldentaten man schon vollbracht hat. Wer zuerst 50.000 Fans hinter sich vereint und außerdem keine offene Mission mehr zu erledigen hat, gewinnt „Neue Helden braucht das Land“und ist der neue große Held der Stadt.
Auch Superhelden fangen mal klein an…

Die Missionen sind erst mal eher kleinerer Natur, da wird der Rasen der Nachbarin gemäht oder eine verirrte Katze vom Baum gerettet. Mit „zu Beginn herzlich wenig“ lässt sich das Können der Helden beschreiben, die Illustrator Marco Armbruster wie auch das ganze Spiel im passend-skurril-überzeichneten Comic-Design angelegt hat. Aber je mehr Aufträge sie erledigen, desto mehr Heldenpunkte und Follower gibt es.
Für Heldenpunkte, die Währung im Spiel, kann man sich Ausrüstung oder Werkzeuge kaufen, die die nächste Mission erleichtern. Eine Zeit lang bekommen die Neu-Heldinnen vor jedem Zug erst mal Taschengeld in Form der Punkte. Im späteren Verlauf müssen sie sich die Münzen verdienen.

Helden mit besonderen Fähigkeiten
Jeder Held hat ein eigenes Tableau und eine eigene Fähigkeit. Mal geht es um mehr Bewegungspunkte, mal um Belohnungen. Manchmal aber auch um die Rangelei, zu der es kommen kann, wenn zwei Helden sich treffen, dazu später mehr.
Alle Helden haben eigene Werte für Bewegungspunkte, Kraft und IQ. Der an den frühen Arnold Schwarzenegger erinnernde „Hammer“ ist ein Kraftprotz, während der „Schatten“ eher im Geheimen agiert, die „Turbine“ dafür richtig weit laufen kann. Die Stärke des „Gehirns“ erklärt sich wohl von selbst.

Riesenameisen bekämpfen und T-Rex besiegen in „Neue Helden braucht das Land“
Sie und ihre Heldenkollegen können durch Ausrüstung oder Training verbessert werden. Trainieren kann man, wenn man mit seinen Bewegungspunkten in der Stadt nicht so weit laufen kann, dass man den Ort einer Mission erreicht. Diese Orte sind über den Stadtplan verteilt und je nach Bezirk mit den Buchstaben A bis E gekennzeichnet. Je Stadtteil gibt es drei bis fünf dieser sogenannten Hotspots.
Eine Mission gibt dann beispielsweise an, dass man bei B3 die Katze retten soll. Später wird es gefährlicher: Da müssen die Helden den Präsidenten beschützt, Riesenameisen bekämpfen, den T-Rex besiegen oder endlich – was wäre ein Superhelden-Spiel ohne einen Super-Schurken – den immer wieder auftauchenden Dr. Übel verhaften, der hart zu bekämpfen ist, aber viel Lohn einbringt.
„Neue Helden braucht das Land“ und die brauchen Taschengeld und Follower
Nach dem Taschengeld-Erhalt und dem Wählen einer Mission – es liegen immer drei auf dem Spielplan und je mehr Follower die Helden sammeln, desto schwieriger werden sie – können die Heldinnen sich mit Ausrüstung versehen. Die muss in der Runde vorher gekauft worden sein und wird dann aktiviert – mit permanentem Effekt.
Ausrüstung liefert ein Plus für Kraft, IQ, Bewegung oder Follower beispielsweise in Form von Taschengehirn, Tarnkappe, Flugrucksack, Raketenstiefel oder Fanclub. Im Gegensatz zur Ausrüstung könne Werkzeuge wie Energie-Drink, Studentenfutter, Pfefferspray oder Doppelgänger nur einmal benutzt werden, dafür aber an beliebiger Stelle im eigenen Zug. Sie haben oft Effekte auf Würfelergebnisse, Rangeleien oder Fans.
Erst das Training, dann die Mission
Um eine Mission zu erledigen, müssen die Spieler mit dem pinken und blauen Würfel würfeln. Die Ergebnisse werden jeweils auf ihren IQ- (pink) und Kraft-Wert (blau) addiert. Liegen beide Werte über denen, die die Mission fordert, ist die Aufgabe erfolgreich erledigt und es gibt Heldenpunkte und Follower als Belohnung. Wer verliert, muss stehen bleiben und es in der nächsten Runde wieder probieren. Wer doch eine Mission abbrechen will, verliert dabei Follower – unzuverlässige Helden mag schließlich niemand.

Damit das nicht passiert: Ab ins Training! Dafür bleibt die Heldin auf einem leeren Feld ohne Missionsziel stehen und zieht eine Karte vom pinken IQ- oder blauen Kraft-Stapel. Diese zeigt, ob man mit dem farblich passenden Würfel mindestens eine Zwei oder Drei würfeln muss. Gelingt das, wird die Karte ans Tableau angelegt und erhöht den entsprechenden Wert um eins. Misslingt das Training steht da dauerhaft „minus eins“. An dieser Stelle sei erwähnt: Man kann tatsächlich so schlecht würfeln, dass Kraft und IQ nahezu bei Null sind – was den restlichen Spielverlauf ausgesprochen schwierig gestaltet. Macht aber nix, lustig ist’s trotzdem.
Raufen und Rangeln auf dem Spielplan
Wer einem anderen Helden über die Füße stolpert, kann eine Rangelei beginnen. Denn je mehr Helden sich in der Stadt tummeln, desto öfter laufen sie sich über den Weg. Beim Spiel zu zweit ist die Rangelei eher selten, allerdings ist die Variante möglich, dass jeder Spieler mit mehreren Heldinnen die City (un-)sicher macht – und schon wird es wieder voller in der Stadt. Gewürfelt wird auf IQ oder Kraft. Ziel ist mitsamt Ausrüstung und Basiswert ein Ergebnis von mindestens Sieben. Gewürfelt wird so lange, bis einer der Beteiligten nicht trifft, also die Sieben nicht erreicht.
Gewinnt der, der die Rangelei gestartet hat, darf er den anderen Helden aus dem Weg auf ein anderes Feld schieben, verliert er, darf der Angerempelte entscheiden, ob er selbst ein Feld läuft oder den Gegner wegrückt. Der Sieger gewinnt auch immer zusätzliche Follower.

In „Neue Helden braucht das Land“ stecken viele Anspielungen
Hat man gerade Pause, weil wieder zwei Mitstreiter am anderen Ende der Stadt rumrangeln, hat man Zeit, sich das Spielmaterial genauer anzusehen. Die Ausrüstung, die Missionen – da steckt viel drin. Klar, das Spinat Kraft bringt, Popeye lässt grüßen. Bei Raketenstiefel und Kampfanzug denken wir an Iron Man. Es sind einige solcher kleinen Anspielungen und Details, die man im Spielverlauf bei näherer Betrachtung der Karten finden kann. Und auch das macht „Neue Helden braucht das Land“ zu einem ausgezeichneten Familienspiel auf der Jagd nach Dr. Übel. Es ist zu zweit spielbar, aber je mehr Möchte-gern-Helden am Tisch sitzen, umso spaßiger wird es.

Dabei ist das Spiel schwer einzuordnen, hat Würfel und Rollenspielelemente, passt aber doch nicht ganz ins Genre. Die hohe Glückslastigkeit lässt es auch kein wirkliches Strategiespiel sein, obwohl es entsprechend viel Material und Aktionsmöglichkeiten mitbringen würde. Lassen wir das Genre-Schubladendenken und sagen, wie es ist: „Neue Helden braucht das Land“ ist ein tolles Spiel, das in kleiner wie in großer Runde für beste Unterhaltung sorgt.
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