Also ich mag ja Pilze. Und Deckbuilding. Und schöne Illustrationen. Da war der (Wald-)Weg zu „Mycelia“ nicht weit. Um Mitspielern den Einstieg in die Welt der Kartendeckbauerei zu zeigen, ist es einwandfrei. Dass dabei auch noch ein 3D-Aufbau Tautropfen sammelt und schließlich wie eine Quelle wieder ausgießt tut sein Übriges, um die Knuffigkeit der Optik auch noch mit einem netten kleinen Mechanismus zu unterstreichen.
Zu Beginn erhält jeder sein eigenes Tableau, das in vier mal fünf Quadrate unterteilt ist. Eines zeigt den Schrein, der Rest sind Laub, Gras, Wasser und Erde. Ans Tableau werden zwei Aktionskarten angelegt, dazu später mehr. Aufs Tableau kommen 20 hübsch-hellblaue Tautropfen. Für ihre Anordnung gibt es doppelseitige Aufbaukarten. Eine Seite einer Karte wird ausgewählt, dann bauen alle auf ihrem Tableau das Muster nach. Ziel des Spiels ist es, zuerst das eigene Tableau komplett von Tautropfen befreit zu haben.
Schrein in der Tischmitte
In der Tischmitte wird nun der große Schrein aufgebaut. Je nach Spielerzahl landet der Nachschubwürfel auf bestimmten Feldern auf der Schreinoberseite. Sie begrenzen jeweils, wie viele Tautropfen sich auf dem Schrein sammeln, bevor er überläuft.
Die Karten des Grundspiels werden gemischt und fünf davon in der offenen Auslage platziert.
Alle starten mit gleichem Kartendeck
Jede Pilzsammlerin startet mit sechs identischen, gemischten Karten, dem verdeckten Startdeck. Davon zeigen drei herumwehendes Laub, das die Währung von „Mycelia“ ins Spiel bringt: Blätter. Drei weitere zeigen unsere ersten Pilze, von denen zwei als Steinpilz mit Schneckenfrisur und als kleiner Champignon mit Marienkäfer-Haustier an der Leine daher kommen. Und ja: Sie sind einfach unfassbar goldig anzuschauen.
Wer am liebsten Pilze mag, zieht seine ersten drei Karten vom Deck, wählt die Spielreihenfolge und legt sie nach einander vor sich ab. Jeder Effekt jeder Karte wird sofort ausgeführt, ehe die nächste Karte gespielt wird. Alle drei Karten müssen gespielt werden, auch wenn manche Aktionen dann verfallen.
Blätter als Währung in „Mycelia“
Ist Laub zu sehen, gibt es die entsprechenden Blätter zum gleich oder später Ausgeben. Beim Startdeck lassen die Pilze jeweils einen Tautropfen um ein Feld von Wasser, Moos oder Laub herunter bewegen.
Danach dürfen die Pilzsammler die Helden von „Mycelia“ anheuern, also: neue Pilze fürs Deck kaufen. Die sind unterschiedlich teuer. Für zwei Blätter gibt es Karten die weitere Blätter bringen, manche Helden kommen aber erst für sieben oder gar acht Blätter herbei.
Unüblich für Deckbuilding: Gerade gekaufte Karten landen auf Nachziehstapel
Das Gute – und nicht unbedingt typische fürs Deckbuilding: Gerade gekaufte Karten landen nicht, wie oft üblich, auf dem Ablagestapel, sondern oben auf dem Nachziehstapel, kommen also in der nächsten Runde sofort ins Spiel. Da ist die Belohnung für gerade Gekauftes direkt erlebbar.
Als dritte Aktion neben Karten ausspielen und Helden anwerben können die Spieler Aktionskärtchen nutzen – und zwar jederzeit und auch mehrfach in ihrem Zug. Für die gibt es am unteren Tableaurand vier Plätze, im Basisspiel liegen zwei Aktionsplättchen aus. Mit dem ersten kann eine Pilzsammlerin die offene Auslage für ein Blatt einmal komplett tauschen. Mit dem zweiten darf sie für drei Blätter einen beliebigen Tautropfen um ein Feld bewegen. Weitere Plättchen können später ins Spiel kommen.
Mit Effekten auf Karten Tautropfen bewegen oder entfernen
Nach und nach kommen immer mehr Pilze ins Spiel, die ganz unterschiedliche Effekte mitbringen. Ist ein Käfer auf dem Effekt zu sehen, muss die genaue Anzahl Tautropfen vorliegen, um den Effekt auszuführen. Ansonsten sind Aktionen mit beliebig vielen Tautropfen möglich. Mal werden sie um ein Feld bewegt, mal einer, mal mehrere entfernt. Manchmal ist der Untergrund vorgegeben, mal ist auch er beliebig. Mal darf ein Spieler Tropfen nur wegnehmen, wenn sie in der richtigen Konstellation liegen.
All das mit dem Ziel, sie zum Schrein zu bringen. Wer Tropfen entfernt, legt sie direkt auf ein freies Feld auf dem großen Schrein. Sie können aber auch auf den kleinen, auf jedem Tableau abgedruckten Schrein ziehen und so quasi „vom Spielplan rücken“. Sie landen dann ebenfalls im Schrein.
Zwei Hindernisse gilt es bei „Mycelia“ zu überwinden
Hindernis Nummer eins: Die Landschaft Erde ist grundsätzlich auf keiner Spielkarte als Ausgangsfeld angegeben. Das heißt, Erde muss über Karten mit beliebigem Untergrund „geleert“ werden.
Hindernis Nummer zwei: Ist der Schrein voll, läuft er über, was je nach Spielerzahl nach zehn bis 20 Tautropfen passiert. Wer den letzten Tautropfen auf den Schrein legt, dreht die Oberfläche des Schreins einmal im Uhrzeigersinn komplett rundum, bis eine feine Linie wieder an die passende Stelle angrenzt. Dabei purzeln alle gesammelten Tautropfen unten wie bei einer Quelle aus dem Schrein – mitsamt Nachschubwürfel.
Auf dem Weg zur Pilzkönigin
Der Würfel zeigt ein Symbol. Die Pilzsammler suchen dieses Symbol auf einer der vier doppelseitigen Nachschubkarten. Wie beim Anfangsaufbau müssen die Spieler nun je nachdem, wo die Symbole sind, neue Tautropfen auf das entsprechende Feld auf dem Tableau legen. Die müssen natürlich vor einem möglichen Sieg auch noch zurück zum Schrein gelangen.
Gewonnen hat, wer seinen letzten Tautropfen los geworden ist. Danach wird die Runde zu Ende gespielt. Sind mehrere Spielerinnen in dieser Runde fertig, entscheidet die Blätterzahl über die Krönung zur Pilzkönigin.
Genug Varianz für den Deckbau-Anfang
Die doppelseitigen Aufbaukarten und die immer neue Deckzusammenstellung sorgt für genug Varianz im Spiel, sodass „Mycelia“ gern wieder auf den Tisch kommen kann. Wer das Grundspiel beherrscht, kann sich an asymmetrischen Spielplänen auf der Tableaurückseite, weiteren Aktionskarten für den Tableaurand und vor allem an 30 Erweiterungskarten probieren.
Die kommen mit einmaligen Soforteffekten, mit denen unter anderem das Deck von unliebsamen Karten bereinigt werden kann daher. Oder mit neuen Konstellationen in denen mit Tropfen agiert werden darf wie „Nimm zwei Tropfen von einem Wasserfeld und einen von einem beliebigen, waagerecht oder senkrecht an das Wasser angrenzende Feld“ oder „Bewege zweimal einen Tropfen von Wasserfeldern und entferne zweimal einen Tropfen von Laubfeldern“.
„Mycelia“ bleibt im Regal
Das bringt noch ein wenig Zusatzschwierigkeit für den Deckbuilder-Anfang – ehe man schließlich dann auch den Schritt zu Größerem von „Thunderstone“ über „Dominion“ bis „Living Forest“ wagen kann.
Wer von „Mycelia“ nicht mehr, aber auch nicht weniger erwartet, hat daran viel Spaß. Das geht übrigens auch in der Solo-Variante, in der man es mit Gesiterpilz Gwidyon zu tun bekommt. All das inklusive des bemerkenswerten „Awwwwww!“-Faktors, weil die Illustrationen einfach extrem putzig sind. Auch Vielspieler, die mal nicht gleich drei Stunden im Deck abtauchen wollen, sondern gerade eher ein kurzes und kurzweiliges Spiel brauchen, sind mit „Mycelia“ bestens bedient. Bleibt im Regal, wir möchten weiter Karten mit Pilzen sammlen und spielen.
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