Faraway: Die Letzten werden die Ersten sein

Wir befinden uns auf dem phantastischen Kontinent Alula. Wir wollen ihn erforschen, bekommen unterwegs Aufgaben und sammeln mit deren Erfüllung Ruhmespunkte. Dafür haben wir in „Faraway“ exakt acht Etappen lang Zeit, ehe uns eine Wertung, die im Wortsinne das Hinterste nach vorne verkehrt, zeigt, wie gut wir im Planen und Mini-Engine-Building waren. Ein bemerkenswertes Spiel, das zum Kennerspiel des Jahres 2025 nominiert ist, es aber schwer haben wird, sich gegen „Endeavor“ durchzusetzen. Ebenfalls nominiert: „Neuland“.

  • Autor: Johannes Goupy & Corentin Lebrat
  • Illustration: Maxime
  • Spielerzahl: zwei bis sechs
  • Alter: ab zehn Jahren
  • Dauer: 25 Minuten
  • Lustige Startspielerbestimmung: alle spielen gleichzeitig
  • Verlag: Kosmos

Zugegeben, nach der ersten Partie „Faraway“ dachte ich: Was bitte ist denn das? Aber irgendwo war ein kleiner Funken Reiz geweckt, der einer Entdeckungsreise auf Alula gleich erforscht werden wollte. Und – was soll ich sagen? Es ist sozusagen eine dauerhafte emotionale Achterbahnfahrt, bei der ich immer noch ab und an wieder zwischen ganz oben und ganz unten auf der Begeisterungsskala schwanke. Ein Spiel, das die Tischbesetzung ob der rückwärtsgewandten Wertung auch nach der x-ten Partie doch immer mal wieder fluchen lässt und das wirklich gut und erfreulich anders ist.

„Faraway“: Von Regionen und Heiligtümern

Aber von vorn, wir sind ja keine „Faraway“-Wertung. Zu Beginn hat jede Forscherin drei Regionen-Karten auf der Hand, der Rest liegt als gemischter Stapel ebenso verdeckt in der Tischmitte wie die Heiligtum-Karten. Nun werden noch Regionen-Karten aufgedeckt und zwar eine mehr als Spieler am Tisch sitzen. Schon kann die Forschungsparty losgehen.

Naja, okay, ein bisschen Abenteurer-Vorbereitung ist vielleicht noch nötig. Immerhin haben wir es mit vier unterschiedlichen Landschaften mitsamt Jahreszeiten zu tun – endlose Flüsse im grünen Frühling, Höhlenstädte schützen vor der roten Sommerhitze, Pilzwälder im gelben Herbstnebel und felsige Wüsten im blauen Winter. Hilft doch, wenn man den kleinen Alula-Reiseführer durchstöbert, der in der Spielschachtel liegt.

Uddu, Okiko, Taukrone oder Stein, Hirsch oder Ananas?

Der erzählt uns auch von den drei Naturwundern, die wir auf Alula finden. Uddu ist der Stein der Verheißung des Mineralreichs, der es mit der Schwerkraft nicht so genau nimmt und einfach in der Gegend rumfliegt. Okiko ist die majestätische Schimäre des Tierreichs, irgendwas zwischen Hirsch und Fuchs. Sie kann an mehreren Orten gleichzeitig sein und turnt gern in Wäldern und an Flüssen herum. Die Taukrone zu guter Letzt ist die heilsame Distel des Pflanzenreichs und hat heilende Kräfte. Wir finden die drei in absteigender Häufigkeit, Uddu öfter als Okiko öfter als Taukrone – ein wichtiges Detail fürs Spiel.

Zurück zu unseren Regionen-Karten. Auf denen ist vielerlei zu finden, das zur Erfüllung der Aufgaben brauchbar ist, die auf manchen Karten stehen. Jede Region hat eine Zahl von eins bis 68 – es sind die Stunden, die nötig sind, um sie zu erforschen. Umgeben ist die Zahl von einem Symbol, das die Karte entweder dem Tag oder der Nacht zuordnet.

Viele Symbole auf „Faraway“-Regionen

Ein Hinweis-Symbol sieht aus wie eine Landkarte und beeinflusst die Auswahl von Heiligtümern, dazu später mehr. Rechts oben sind bei vielen, aber nicht allen Regionen-Karten Symbole der Naturwunder zu finden – Uddu, Okiko, Distel. Das sind die Symbole, die die Karte für Aufgaben mitbringt.

Darunter ist ein Bewohner der Region zu finden, der solche Aufgaben stellt, dabei stehen auch gleich die Punkte, die es dafür gibt. Diese können mit der Farbe der Karten oder mit dem Tag- und Nachtsymbol oder den Naturwundern zu tun haben. Letztere sind dann in einer Reihe zu finden.

Exakt acht Runden

All das wollen wir nun erforschen, also los! Zum Start einer von exakt acht Runden erkunden alle am Tisch gleichzeitig eine Region, was bedeutet, dass sie eine Regionen-Karte von ihrer Hand verdeckt vor sich legen. Sind alle fertig, dreht jeder seine Karte um und platziert sie in der eigenen Auslage, wobei folgende Karten immer von rechts an die Reihe anzulegen sind.

Als erstes prüft eine Forscherin, ob sie ein Heiligtum entdeckt hat. An dieser Stelle lässt sich festhalten: Die Abenteurer wollen sich offenbar am liebsten Zielen zuwenden, die immer schwieriger, also länger zu erforschen sind. Heißt: Wer eine Region erkundet, die eine höhere Zahl, also Erforschungsdauer hat, als die vorher gespielte Region, wird mit dem Aufspüren eines Heiligtums belohnt. Nun kommen auch die Hinweise in Landkartenform ins Spiel. Für jeden Hinweis, darf eine Spielerin ein zusätzliches Heiligtum ziehen.

Erkunden und Heiligtümer wählen

Danach geht es in die Erkundungsphase. Hier füllen wir unsere Handkarten wieder auf. Wer die Region mit der kleinsten Zahl gespielt hat, ist am schnellsten fertig mit Erforschen und darf darum als erstes eine neue Region, also das nächste Ziel aussuchen und auf die Hand nehmen.

Hat ein Spieler zuvor Heiligtümer gefunden, wählt er jetzt aus allen gezogenen eines aus und legt es vor sich ab. Der Rest kommt auf einen Ablagestapel. Ich erkläre gleich, warum wir Heiligtümer mögen.

Auswahl wird geringer

In aufsteigender Reihenfolge der Zahlen auf den gespielten Karten folgen die weiteren Spieler mit Regionen-Karte nehmen und gegebenenfalls Heiligtum auswählen. Die Auslage in der Tischmitte bleibt dabei unverändert, wer später dran ist, hat eine geringere Auswahl – auch das kann beim Ausspielen der Regionen-Karten nicht unwichtig sein.

Diese drei Phasen wiederholen sich, bis jeder Entdecker genau acht Regionen-Karten vor sich liegen hat. Für die Schlusswertung dreht jeder nun alle Karten der eigenen Reihe auf die Rückseite. Danach wird von hinten nach vorne eine Karte nach der anderen umgedreht und gewertet. Heißt: Die zuletzt gespielte Region ist die erste, die gewertet wird und meistens bleibt ihre Aufgabe unerfüllt, weil sie zugleich die einzige offen liegende Karte ist. Danach dreht der Spieler die zweite Karte von rechts um und prüft, ob die zweite Karte zusammen mit der zurst aufgedeckten Karte Punkte bringt.

Heiligtümer als dauerhafter Vorteil bei „Faraway“

Hier wird nun der Vorteil der Heiligtümer deutlich: Sie liegen dauerhaft aus und wirken in der Schlusswertung von Anfang an bei jeder zu wertenden Aufgabe mit. Deshalb sind Heiligtümer ein begehrtes Gut. Denn auch sie haben Tag-, Nacht-, Hinweis- oder Naturwunder-Symbole und können außerdem weitere Aufgaben stellen, die mit allen aufgedeckten Karten zu prüfen sind und so wiederum Punkte bringen.

Je mehr aufgedeckte Karten zu werten sind, desto wahrscheinlicher oder desto punkteträchtiger ist das Erfüllen von Aufgaben. Zugleich verplant man sich aber gerade in den ersten Partien doch noch des Öfteren und stellt fest, dass die Distel eine Karte zu spät aufgedeckt wird, um für die davor gespielte Region zu zählen. Diebische Schadenfreude der Mitspieler inklusive, die schon ihre Felle – nein, nicht vom Okiko – davon schwimmen sahen. Hier ein ausführliches Wertungsbeispiel:

Fortgeschrittene wählen Regionen

In einer Fortgeschrittenen-Variante dürfen die Spielenden zu Beginn ihre Regionen-Karten auswählen – drei aus fünf, um genau zu sein. So kann ganz am Anfang schon ein strategischer Grundstein für die Forschungsreise gelegt werden.

Das gegenläufige Denken zwischen Ausspielen und Schlusswertung ist nicht einfach und sorgt zu Beginn für leichte Verwirrung. Mit zunehmender Erfahrung, passendem Einbeziehen der Heiligtümer und Kartenzahlen wird aber ein kleines, feines Spiel aus „Faraway“, das mit bemerkenswert wenig bemerkenswert viel Tiefe erreicht. Da darf gern die nächste Runde kommen. „Faraway“ ist für mich wie die Illustrationen von Maxime Morin. Gewöhnungsbedürftig, aber je länger man hinsieht, desto besser ist es.

Erweiterung

Für „Faraway“ ist (Stand Mai 2025) die Mini-Erweiterungen „Völker der Tiefe“ erschienen.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert