Wir haben eine Aufgabe! Wir wollen den Ozean erforschen und beschützen. Carl de Visser und Jarratt Gray haben daraus mit „Endeavor: Die Tiefsee“ ein herausragendes Spiel gemacht, das von den Spielenden viel fordert, ihnen aber auch sehr viel gibt. Es ist zum Kennerspiel des Jahres 2025 nominiert und mein Favorit. „Faraway“ und „Neuland“ sind gute Spiele, aber „Endeavor“ ist schlichtweg großartig.

  • Autor: Carl de Visser & Jarratt Gray
  • Illustration: Maruša Gorjup, Fahed Alrajil & Josh Cappel
  • Spielerzahl: ein bis vier
  • Alter: ab zwölf Jahren
  • Dauer: 60 bis 120 Minuten
  • Lustige Startspielerbestimmung: keine
  • Verlag: Board Game Circus/Frosted Games

Unser zu entdeckender Ozean besteht aus maximal fünf mal fünf Kacheln, die meeresbiologisch korrekt benannt sind: Ganz unten, in mehr als 4000 Metern Tiefe liegt das Abyssopelagial, zwischen 1000 und 4000 Metern das Bathypelagial, von 200 bis 1000 Metern das Mesopelagial und von null bis 200 Metern das Epipelagial. Kein Fachbegriff mehr, aber lustig ist die oberste Ozeanebene: die Schnorcheltiefe. Jede Kachel ist einzigartig und hat neben einem Namen wie Ruhige See, Kaltwasserkorallenriff oder Walfriedhof auch unterschiedliche Felder, dazu gleich mehr.

Zehn Szenarien zur Auswahl

Zu Beginn jeder Partie wählt die Runde eines von zehn unterschiedlich schwierigen Szenarien aus und deckt vier bis sechs vorgegebene Kacheln aus. Weitere zufällige Teile des Ozeans erkundet die Forschergruppe nach und nach.

Dafür hat zunächst jeder ein U-Boot, ein Start-Crewmitglied, ein eigenes Tableau und diverse Marker für Leisten, Einfluss und Aktionen. Für Letztere gibt es einen für Mangel sorgenden Mechanismus. Jedes Crewmitglied hat ein freies Feld, auf dem eine Spielerin eine Aktionsscheibe platzieren kann.

Selten genug Aktionsscheiben bei „Endeavor“

Je nach Person führt sie dann eine oder zwei von fünf verschiedenen Aktionen aus, die möglicherweise ebenfalls eine Aktionsscheibe kostet. Ihr ahnt es, man hat selten genug davon.

Ein Crewmitglied, auf denen eine Scheibe liegt, ist beschäftigt und kann nicht nochmal agieren – bis man es schafft, die Scheibe wieder zu entfernen. Neue oder zu entfernende Scheiben gibt es immer zu Beginn einer Runde, nach sechs Runden ist eine Partie zu Ende.

Wichtiger Fortschritt auf Eigenschaftsleisten

Wie eine Spielerin an Scheiben kommt, bestimmt ihr eigenes Tableau, das vier Eigenschaftsleisten zeigt. Grundsätzlich gilt: Je weiter der Fortschritt pro Leiste, desto besser. Punkte für die Leisten sind eine Form von Belohnung im Spiel, weitere sind Einfluss und Wissen, wofür das gut ist, kommt noch.

Im Laufe des Spiels bewegen alle die Marker auf den Leisten nach rechts, um nach und nach mehr tun zu können. Dadurch wachsen die Forscher mit dem Spiel, das im Verlauf immer komplexer wird, erfahrene Spieler aber sehr gut mitnimmt.

Neue Crewmitglieder, Motivation und Organisation zum Rundenbeginn

Startet eine Runde, machen alle Spielenden zunächst Folgendes: Jeder darf sich entsprechend seiner orangefarbenen Ansehensleiste ein neues Crewmitglied nehmen. Je höher das Ansehen, desto fähiger der neue Mitarbeiter und oft auch desto besser die Belohnung, die er mitbringt.

Danach erhält jeder neue Aktionsscheiben und zwar so viele, wie die grüne Motivationsleiste zeigt. Die gelbe Organisationsleiste gibt an, wie viele Aktionsscheiben man von beschäftigten Crewmitgliedern zurücknehmen darf. Das Personal ist dann wieder frei für neue Aufträge.

Scheibe löst Aktion von Crewmitglied aus

Ist all das erledigt, sind die Forscherinnen nacheinander an der Reihe und wählen ein Crewmitglied, legen eine Scheibe darauf und führen seine ein bis zwei Aktionen aus. Das geschieht so lange, bis alle gepasst haben, weil die Aktionsscheiben nicht mehr reichen oder alle Crewmitglieder beschäftigt sind.

Die wichtigen Punkte für die vier Leisten gibt es dank der fünf möglichen Aktionen der Crewmitglieder: Bewegung, Tauchen, Sonar, Meeresschutz und Publikation. Dafür braucht es erstens ein oder zwei Aktionsscheiben, zweitens ein Crewmitglied, das die entsprechende Aktion auch ausführen kann und drittens eine Ozeankachel, die ein Feld für diese Aktion zeigt.

Abtauchen mit eigenen U-Boten bei „Endeavor“

Mit der Bewegung kommt die blaue Genialitätsleiste auf dem eigenen Tableau ins Spiel. Sie legt fest, wie weit und tief sich das eigene U-Boot bewegen kann und wann U-Boot zwei und drei ins Spiel kommen. Fährt ein U-Boot, erhält der Spieler die Belohnung der Ozeankachel, auf der er anhält.

Wo es Möglichkeiten zum Tauchen gibt, liegt ein Stapel runder Plättchen. Solange dieser Vorrat reicht, kann eine Forscherin dort tauchen und so das obere der Plättchen nehmen, das immer einen Bonus bei Leisten, Einfluss oder Wissen bringt.

Per Sonar den Ozean erkunden

Die folgenden drei Aktionen benötigen jeweils zwei Aktionsscheiben. Eine landet auf dem Crewmitglied, das forschen soll, die zweite auf dem dazugehörigen Aktionsfeld auf der Ozeankachel. Diese zweite Scheibe ist danach quasi aus dem Spiel. Das ist wegen des dauerhaften Scheibenmangels schade, aber nötig. Wir wollen ja vorwärts kommen mit der Forscherei.

Und per Sonar tun wir genau das: den Ozean entdecken. Das mit der Scheibe belegte Sonarfeld gibt vor, aus welchen der fünf Tiefen zwei neue Ozeankacheln zu ziehen sind. Eine Kachel wählt der Spieler aus und legt sie in die passende Ebene, wobei sie horizontal oder vertikal an ein bereits erforschtes Ozeanfeld angrenzen muss.

Wissen im Einsatz für Meeresschutz und Publikationen

Beim Meeresschutz sind wir nun endlich beim Nutzen des Wissens angelangt, das auch auf einer Skala auf dem eigenen Tableau gezählt wird. Man „bezahlt“ mit den neben dem Feld auf der Ozeankachel angegebenen Menge Wissenspunkten, die man sozusagen in den Schutz der Ozeane investiert. Das Feld, auf dem die Scheibe landet, zeigt, welche Belohnung es für die Aktion gibt.

Auch Publikation „bezahlen“ wir mit Wissen. Dafür gibt es Karten mit Forschungsberichten, die alle thematisch passend überschrieben sind. Vier von ihnen liegen offen aus. Das Feld für die Scheibe auf der Ozeankachel gibt vor, welche der vier Farben der zu schreibende Bericht haben muss. Auch Berichte bringen die bereits bekannten Belohnungen – und eine essenzielle neue: das Befördern des eigenen Personals.

Gute Idee: Crewmitglieder befördern

Denn außer dem Start-Crewmitglied können alle anderen Personen auf ihre goldene Seite „befördert“ werden. Dann können sie mal mehr, mal weniger, mal andere Aktionen ausführen oder sogar Einfluss- oder Siegpunkte bringen. Bei Publikationen und Meeresschutz sind zwei Aktionsfelder oft mit Linien verbunden. Es bringt zusätzliche Belohnungen, wenn die Spieler miteinander verbundene Aktionen ausgeführt haben.

Kommen wir noch zum Einfluss als Belohnung. Was Einfluss bewirkt, hängt vom Szenario ab. Auf dem Plan ist neben Aufbau und Ziel des Szenarios eine Fläche mit Feldern für Einfluss vorgesehen. Auch hier gibt es Belohnungen, Siegpunkte und manchmal sogar zusätzliche Aktionsscheiben. Ihr erinnert euch: die, von denen wir nie genug haben.

Vielerlei Wege führen zu Punkten

Nach sechs Runden endet eine Partie „Endeavor: Die Tiefsee“ mit einer hoffentlich punkteträchtigen Wertung. Die gibt es je nach Fortschritt auf den Leisten, für Einfluss, manche Forschungsberichte und Crewmitglieder sowie für Szenario-Ziele und übrige Wissenspunkte und Scheiben. Wer die meisten Punkte hat gewinnt.

In der kooperativen Variante arbeiten die Spielenden gemeinsam daran je nach Schwierigkeitsgrad eine bestimmte Anzahl von Zielen zu erreichen. Zu denen des Szenarios kommen Bonusziele hinzu, außerdem sorgen Krisen von Tsunami bis „Regierung mischt sich ein“ für zusätzliche Herausforderungen in den späteren Runden. Im Solomodus ist der Einzelspieler allein fürs Ziele- und Krisen-Meistern verantwortlich.

„Endeavor“ ist seinen Preis wert

„Endeavor: Die Tiefsee“ ist unglaublich variabel. Die zu erforschenden Ozeankacheln, die zu schreibenden Berichte, die anzuheuernde Crew, die unterschiedlichen Wege, die unterschiedlichen Spielarten (kooperativ, kompetitiv oder solo) – zum Einstieg weiß man gar nicht, wo man mit diesem wunderbaren Spiel anfangen soll. Da helfen aber zwei gute Übersichten für Szenarien und Ozeankacheln. All das macht „Endeavor“ im Vergleich zu den anderen nominierten auch eher zum gehobenen Kennerspiel, „Faraway“ und „Neuland“ sind deutlich einfacher. „Endeavor“ hat auch einen gehobenen Preis. Aber den ist es wert.

Es gibt mit „Endeavor: Segelschiffära“ einen Vorgänger, der ebenfalls mit Aktionsscheiben agiert, sich dabei aber dem unerfreulichen Kolonialisierungsthema widmet. Das ist nicht meins und wird es auch nicht werden, Darum kann ich dazu nichts Näheres sagen.

Titel „Kennerspiel des Jahres“ wäre absolut verdient

Bleiben wir lieber bei der „Tiefsee“. Es ist mal wieder eines dieser Spiele, die ich nicht wieder missen möchte. Eines, das im Regal bleibt, auch wenn es nicht oft auf den Tisch kommt. Weil es wirklich eine Perle ist, für die wir nicht erst eine Muschel aufbrechen müssen. Es ist großartig illustriert, bleibt extrem gut im Thema und überzeugt mit all seinen wunderbar ineinander greifenden Mechaniken einfach auf ganzer Linie.

Dass wir dabei noch lernen, die Meere zu schätzen, zu bewahren und ohne Zerstörung zu erforschen, ist ein netter Nebeneffekt, den ich gerne mitnehme aus einem grandiosen Spiel, das den Titel „Kennerspiel des Jahres 2025“ für mich absolut verdient hätte.

Erweiterungen/Aus der Reihe

Für „Endeavor: Die Tiefsee“ ist (Stand Juni 2025) die Erweiterung „Uncharted Waters“ für 2026 angekündigt.
Es gibt auch noch „Endeavor: Segelschiffära“ und dafür die Erweiterug „Eine neue Ära“.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert