4PS/Palatia Spiele: Pfälzer Autoren und ihre Geschichte(n)

Aus Zufall entsteht manchmal etwas richtig Gutes. Das ist auch passiert, als sich Klaus Geis, Fabian Zimmermann und Werner Schmitt beim Spieleentwickler-Seminar von Christwart Conrad getroffen haben. Dazu gekommen ist noch Manfred Keller. Entstanden ist daraus 4PS, in Langform: vier Pfälzer Spieleautoren, die sich gegenseitig unterstützen, miteinander an Spielen arbeiten – und mehr. Blue und ich haben die vier besucht und einen ausgesprochen lustigen Vormittag verbracht mit Brunch, Anekdoten und vielen Infos rund um 4PS, Spiele und die Zukunft. Für die im positivsten Sinne Spieleverrückten ist 4PS ein Abenteuer. „Wir machen einfach mal und sehen, was dabei herauskommt“, fasst Zimmermann zusammen.

Aber von vorne: Das Trio Keller, Zimmermann, Schmitt kannte sich schon länger. Alle drei entwickeln Spiele, haben schon veröffentlicht, aber auch noch Prototypen in Schubladen, die (noch) nicht bei Verlagen unter sind. Geis wiederum tüftelt ebenfalls an eigenen Spielen – und hat für deren Veröffentlichung seinen eigenen Verlag gegründet.

Eigener Verlag: Palatia Spiele

Stellen wir die Vier mal kurz vor.

Klaus Geis, 65 Jahre alt, wohnt in Mutterstadt, ist – ebenso wie Keller – im Unruhestand und schon immer spielebegeistert. Vor Jahren entstand der Wunsch, ein eigenes Spiel auf die Welt zu bringen, es sollte „Ebbes“ werden. Das Spiel mit Pfälzischem Namen kam bei Verlagen nicht unter, also hob Geis kurzerhand Palatia Spiele aus der Taufe. Inzwischen ist neben „Ebbes“ (2013) und „Dubbe“ (2018) auch „Uffbasse“ (2025) erschienen, alles Stichspiele.

Zimmermann, Keller und Schmitt, die alle in der Westpfalz wohnen, treffen sich seit Jahren immer mittwochs zum Spielen, tauschen sich aus und denken über eigene Machwerke nach. Schmitt ist 63, Elektrotechniker und wohnt in Kaiserslautern. Mit „Kabaal“ (Review folgt) ist sein Erstling im Jahr 2024 bei Corax erschienen. „Ich bin ein Spätberufener“, sagt er lachend. „Kabaal“ ist ebenfalls ein Stichspiel, aber mit Tic-Tac-Toe-Anwandlung. Es sollte „Farmer des Jahres“ heißen und ein landwirtschaftliches Thema haben.

Aus Landwirtschaft wird Kultistenritual

Nun – wer Corax kennt, weiß, dass Landwirtschaft nicht gerade deren Topthema ist. Da geht’s eher mal um Fantasy, Viren, Verbrechen, Frankenstein & Co. Die Verlagsleute hatten das Spiel getestet, es gefiel und sie fragten: „Ist dir das Thema wichtig?“, erzählt Schmitt. Seine Antwort war nein, entstanden ist ein thematisch typisches Corax-Spiel, in dem Kultisten Rituale vollziehen, Artefakte (Karten) einsetzen, Opfer bringen und sich gegenseitig ständig in die Quere kommen.

Durch einen Zufall flog auch das vorher geplante Spielbrett raus, ersetzt durch variable Karten. „Werner hat mir erzählt, was der Redakteur von Corax gesagt hat, ich habe ihn falsch verstanden, das Falsche wiederholt“, und weg war das Spielbrett, wie Zimmermann lachend erklärt.

Wie „Good Critters“ in den Iran kam? Unklar

Der ebenfalls in Kaiserslautern lebende Software-Entwickler ist mit 45 Jahren der Jüngste in der 4PS-Runde. Sein erstes Spiel, „Tiefe Taschen“, hat er in seinem eigenen Verlag Fobs-Games veröffentlicht und nennt es „ein fieses Verhandlungsspiel“. Arcane Wonders hat 2018 in einer Neuauflage „Goodcritters“ daraus gemacht, das hauptsächlich auf dem US-amerikanischen Markt verkauft wurde. „Es gab aber auch kleine chinesische, koreanische und brasilianische Auflagen“, erzählt der 45-Jährige.

Und kurioserweise eine iranische Version, von der unklar ist, wie genau sie entstanden ist, Zimmermann war jedenfalls nicht daran beteiligt, hat es aber geschafft, ein Exemplar zu bekommen.

Von „Carcassone“-Erweiterung bis „Letz Fetz“

Und dann wäre da noch Manfred Keller, der seine Frau Annette zur Unterstützung gleich mit ins Boot geholt hat. Der 67-Jährige stammt aus Konken bei Kusel, lebt in der Nähe von Kaiserslautern und hat vor seinem Ruhestand 40 Jahre als medizinisch-technischer Assistent in der Strahlentherapie im Krankenhaus gearbeitet.

Von ihm sind die Spiele „Bszzzz“, „Letz Fetz“ und „Verrückt“ erschienen. Außerdem die „Schikane“-Erweiterung für „Trans America“, nominiert zum Spiel des Jahres 2002, und der „Hügel“-Teil von „Schafe und Hügel“, der neunten Erweiterung des Klassikers „Carcassonne“, Spiel des Jahres 2001.

Drei von vier haben sich also bei Christwart Conrads Spieleentwickler-Seminar getroffen. Conrad ist erfahrener Spiele- und „Spielbox“-Autor, von ihm stammen Spiele wie „Der Wüstentruck“, „Energy City“ oder „Snatch It!“ (Review folgt).

Palatia Spiele trifft 4PS

Das Pfälzer Quartett hat sich direkt verstanden, logischerweise drehten sich die Gespräche um Spiele, Veröffentlichungen und Verlage. „Manfred sagte, es ist eigentlich total schade und enttäuschend, wenn kein Verlag unsere Spiele haben will. Da hab ich gesagt: Ihr seid doch Dabbschädel, ich hab‘ doch einen Verlag, lasst uns doch Spiele bei mir veröffentlichen“, erinnert sich Geis. An dieser Stelle sei betont, dass Dabbschädel hier eine wirklich absolut ganz und gar nicht böse gemeinte Nicht-Beleidigung unter Menschen, die sich sehr schätzen, ist.

Also setzten sich die Vier an einen Tisch. Sobald auch Zimmermann und Schmitt, sympathischerweise Hardcore-Fans des 1. FC Kaiserslautern, Zeit gefunden hatten, wenn es der Job und der Betze-Spielplan zuließen. FCK-Fan ist Keller übrigens auch. „Das ist jetzt ziemlich genau zwei Jahre her“, erzählt Geis. Schnell kamen 4PS auf die Idee, sich gemeinsam „Uffbasse!“ zu widmen. Dessen ausführliche Entstehungsgeschichte, in der richtig viel Arbeit steckte, ist bereits im eigenen Beitrag zu finden, die Review folgt noch.

4PS lernt Zusammenarbeit

Bei der Arbeit an „Uffbasse!“ gab es viel zu lernen. Wie die Gruppe effektiv zusammenarbeitet, wer was einbringen kann. „Wir alle bezeichnen uns als erfahren und wissend in spielerischen Dingen. Da kann es schwierig werden, wenn Haltungen aufeinander prallen. Und dann ist da die Sache mit dem Altersstarrsinn“, sagt Geis und lacht, wie so oft an diesem Tag. Lachen, Freude, Spaß ist definitiv ein sehr wichtiger Bestandteil von 4PS und das ist gut so.

Denn jetzt lacht auch Annette Keller und ihr Mann Manfred erklärt: „Sie war Kita-Leiterin. Immer, wenn wir zusammengesessen waren und unser aller Kind im Manne zu laut geworden ist, hat Annette uns zur Ruhe gebracht.“ Alle lachen. Und nicken. Und lachen noch mehr. Die 4PS-Beteiligten nahmen sich vor, achtsamer miteinander umzugehen. Das klappte.

Verlag sicher aufstellen

Wie steht denn aber nun 4PS mit Geis‘ Verlag Palatia Spiele in Verbindung? Aktuell in Form von Investoren, zu denen auch der jeweilige Spieleautor gehört – im Fall von „Uffbasse!“ war das beispielsweise Olaf Hartmann. Alles wird im Team final besprochen von Messe-Werbegeschenken bis Spielregelformulierung. Aktuell befasst sich die Truppe auch mit der Frage, wie 4PS und Palatia Spiele für die Zukunft sicher aufgestellt werden können.

Dabei ist allen aber auch wichtig, dass sie sich nicht die Freiheit nehmen, Spiele bei anderen Verlagen zu veröffentlichen. „Wenn andere Verlage zu einem ,unserer‘ Spiele sagen, dass sie es machen wollen, ist das doch super! Wir nehmen uns als Plattform für die Spiele, die wir nicht woanders veröffentlichen können“, betont Geis. Das hat teilweise auch mit der regionalen Verbundenheit und der Liebe zum pfälzischen Dialekt zu tun.

Neue Spiele „Kumm, geh forrd!“ oder „Six Ballons“

Wie schon eingangs erwähnt, ist da noch so einiges in der metaphorischen Spieleentwickler-Schublade. Geis hat sein nächstes Kartenspiel am Start, das „Kumm, geh fordd!“ heißen soll und dem Autor zufolge „nicht familientauglich ist“. Oder, um es plakativer zu formulieren: „Es ist ein Drecksau-Spiel, bei dem man in zwei Runden 30, 40 Miese haben kann.“ Offenkundig bleibt Geis sich und seinen pfälzischen Spielen treu. „Aber auf der SPIEL in Essen kann ein Verlag kommen und sagen, er mag das Spiel und will ein anderes Thema“, sagt Zimmermann. Schmitt ergänzt: „Japan ist zum Beispiel ein Stichspielland.“ Deshalb ist es auch gar nicht so verwunderlich, dass Geis 30 „Uffbasse!“-Exemplare ins Land der aufgehenden Sonne geschickt hat. Es gibt auch eine südkoreanische Version von „Ebbes“.

Schmitt werkelt gerade an einem kleinen Kartenspiel „im Maumau-Universum mit dem Arbeitstitel „Six Ballons“. Außerdem kooperiert er mit einem der großen deutschen Spieleautoren für ein weiteres Projekt, das Würfel-Drafting als Hauptmechanik haben wird.

Veröffentlichungen für 2026 geplant

Von Zimmermann werden im kommenden Jahr zwei Spiele erscheinen, eins für Kinder bei der Spielwarenmesse in Nürnberg und eins für Familien bei der SPIEL in Essen. Außer, dass bei beiden „etwas aus Beuteln gezogen wird“, wird noch nicht mehr verraten! Zudem befassen er und Keller sich mit einem neuen Roll&Write mit Thema Cup Cakes. „Ich arbeite daran schon seit zwölf Jahren“, verrät Keller. „Es ist aber jetzt richtig gut geworden“, ist Zimmermann sicher.

Im typischen Palatia-Spiele-Bereich bewegt Zimmermann sich außerdem mit „Ferr umme!“, einem Kartenspiel, bei dem sich die Bedeutung der Kartenfarbe immer wieder ändert. „Es ist ein Team-Spiel, bei dem man zufällig Spielpartner zugelost bekommt“, erklärt er.

Wird „Symbiose 10“ neues 4PS/Palatia-Spiele-Werk?

Keller hat, wie er mit verschmitztem Lächeln sagt, „zehn, 15 Spiele“ in verschiedenen Fertigungsstufen parat. Viel beschäftigt er sich gerade mit einem Stichspiel unter dem Arbeitstitel „Symbiose 10“ und betont: „Auch das wäre was für 4PS und Palatia Spiele.“ Spannend auch seine Idee für ein Stichspiel mit Blind-Date-Thema: „Ich mache Stiche für eine bestimmte Person, kriege aber erst am Spielende raus, für wen man eigentlich grade Minuspunkte sammelt.“

Die Varianz der Projekte zeigt schon, dass sich Palatia Spiele damit von der bisher vorherrschenden Dialekt-Mechanik-Kombination „Pfälzische Stichspiele“ weiterentwickelt. „Klein, aber fein soll unser Motto bleiben. Aber es können auch Würfel oder was ganz anderes sein. Manfred hat noch ein gutes Quizspiel, an das wir dran müssen“, gibt Geis weitere Einblicke ins Verlagsinnenleben.

Eigener Stand bei SPIEL im Oktober 2025

Auch der nächste Auftritt bei der SPIEL im Oktober 2025 ist in Planung. Geis‘ Palatia-Spiele und Zimmermanns Fobs-Games teilen sich einen Stand. Palatia Spiele bringt „Uffbasse!“ mit. Fobs-Games hat „Gnomenparlament“ von Channing Jones im Gepäck, ein ungewöhnliches Spiel um Mehrheiten, Gesetze und geheime Abstimmungen, an dem Zimmermann lange gearbeitet hat. Bebildert hat es der bekannte Illustrator Dennis Lohausen.

Drittes Spiel für die SPIEL: „Dess basst“, das in Kooperation mit einer Bank entstanden ist. „Es ist ein Kartenlegespiel, bei dem man eine Zahlreihe von klein bis groß aufbaut. Am Ende soll die Lücke zwischen der ersten und letzten Karte möglichst gering sein“, erklärt Geis. Durch den Verkauf des Spiels wird die Initiative „Vorderpfalz spielt“ unterstützt.

„4PS hat einen Haufen Power“

Viel los ist also auch in den kommenden Monaten und hoffentlich Jahren bei Palatia Spiele und 4PS. Einen ausgesprochen treffenden Satz sagt Manfred irgendwann an diesem schönen Tag: „Obwohl vier PS wenig sind, hat 4PS einen Haufen Power.“ Stimmt. Und aus all dieser kreativen Energie mögen doch bitte noch viele schöne Spiele werden. Blue und ich testen sie gerne!

Kommentare

2 Antworten zu „4PS/Palatia Spiele: Pfälzer Autoren und ihre Geschichte(n)“

  1. Avatar von Fabian Zimmermann
    Fabian Zimmermann

    Danke für euren Besuch und den schönen Bericht. Wir freuen uns schon darauf, die nächsten Prototypen mit euch zu testen.

    1. Das war wirklich ein ausgesprochen gelungener Vormittag! Ich freue mich auch schon auf alles, was da noch so kommt von euch!

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