Wir befinden uns im Jahr 2442 und dem Planeten geht’s so schlecht, dass die Menschheit sich um die Besiedlung unter dem Meeresspiegel kümmern muss. In „New Eden“ von Benjamin Schwer sind wir als Bosse von bis zu vier Corporations ausersehen, leicht schadensanfällige Tiefseestädte zu bauen in einem Spiel, das zwischen Familien- und Kennerniveau schwankt. Angesichts des teilweise hohen Frustrationslevels würde ich es eher bei den Kennern einordnen.
Als Tableau haben wir eine Unterwasserkuppel, an die wir an sechs Seiten strahlenförmig nach und nach Modulkarten anbauen. Zu Beginn sind zehn Münzen, zwei Sauerstoffmodule und ein Werftmodul mit einem u-boot-förmigen Deeple im eigenen Fundus. Zudem ist der Spielplan vorbereitet mit zwölf weiteren Modul-Karten.
Drei Runden mit vier Phasen: „New Eden“
Jede Partie geht über drei Runden mit je vier Phasen. Phase eins: Entwicklung. Der Startspieler kauft eine Modulkarte oder bewegt einen Deeple, um ein Modul zu aktivieren. Danach tun das reihum immer wieder alle Spieler, bis alle gepasst haben. Wer zuerst passt, ist neuer Startspieler, was wirklich wichtig sein kann.
Zum Verkauf stehen sechs Modultypen: Werften, die zusätzliche Deeple bringen, sehr begehrt und rar gesät sind; Muschelhabitate, die Siegpunkte bringen; Reparaturkraken, die Schaden an der labilen Station beheben, der aus verschiedensten Gründen entsteht; Erntekrabben, die Gold sammeln; Sauerstofftanks, die festlegen, wie weit sich Deeple bewegen dürfen; und die Forschung, die dauerhaft Effekte verursachen. Das können Siegpunkte sein, aber auch Schaden beim Gegner, Gold oder Reparaturpunkte.
Deeple im Dauereinsatz
Die Karten kosten Münzen. Zudem beschädigt die billigste die Station, die teureren reparieren sie – der Schadensstand wird mit einem Marker in der Kuppel festgehalten. Eine gekaufte Karte wird an die passende Seite der Kuppel angelegt. Dann können im nächsten Zug die Deeple zum Einsatz kommen.
Dafür wählt der Tiefseearchitekt eine Sauerstoffkarte. Für jede der bis zu zwei Sauerstoffflaschen darf ein Deeple aus der Werft in einen der drei Kartenlinien für Siegpunkte, Reparaturpunkte oder Gold bewegt werden. Jede Karte kostet einen Sauerstoffpunkt. Ist ein Deeple auf der gewünschten Karte angekommen und mit ihm das letzte freie Feld darauf belegt, ist die Karte aktiviert und bringt Punkte, Reparatur oder Gold.
Mangelwirtschaft unter Wasser bei „New Eden“
Sauerstoffkarte und Deeple sind für diese Runde verbraucht – und damit sind wir beim Knackpunkt des Spiels. Man braucht viel von beidem, um möglichst viele Module zu aktivieren, aber auch die Module selbst wollen bezahlt werden. Da ist neben Vorausplanung einiges Glück nötig, dass die richtigen Karten zum Verkauf stehen und sie keiner vorher wegschnappt. Denn in „New Eden“ braucht man gefühlt ständig alles, um vorwärts zu kommen. Gold für Module, Deeple, Sauerstoff, Reparaturkraken, weil einem ständig die Station halb um die Ohren fliegt – das ist Verknappung in Hochform.

Hinzu kommt, dass man mit seinem Gold auch deshalb haushalten sollte, weil nach der Entwicklungsphase der Schwarzmarkt winkt. Hier kann jeder Spieler aus drei Modulen auswählen, ob er sie kaufen möchte, der Rest kommt in der nächsten Phase in die Versteigerung an den Höchstbietenden. Aber woher soll das Gold kommen? Ihr versteht das Problem…
Nach Wertung und Aufräumen beginnt nächste Runde
Nach Phase vier, der Rundenwertung, in der es Punkte für ausliegende Bonuskarten gibt, werden Sauerstoffflaschen wieder auf die volle Seite gedreht und die Deeple zurück in die Werft geholt.

Danach beginnt mit zwölf neuen Modulen auf dem Spielplan die nächste Runde. Nebenbei könnte man – wenn man die Mittel dazu hätte –, auch noch seine Station selbst ausbauen. Kam bei uns kaum vor.
Vor Schlusswertung genug Schaden reparieren
Nach drei Runden folgt die Schlusswertung. Aber nur, wenn die Station bis dahin überhaupt noch steht. Beschädigt wird sie durch die Gold bringenden Erntekrabben, aber auch durch freie Aktionen, die Münzen bringen, oder durch Aktionen des Gegners. Die Schadenssumme zeigt ein Marker an. Dem kann mit Reparaturkraken entgegen gewirkt werden. Ein Holzzeiger rückt durch sie nach vorn. Steht der Marker am Ende in der Skala links vom Zeiger, darf man in die Schlusswertung. Für allerlei gibt es dann Punkte, wer die meisten hat gewinnt.
„New Eden“ ist anspruchsvoll und nichts für Anfänger, auch wenn es oft als Familienspiel geführt wird. Sehr viel bedingt sich hier gegenseitig, Mechanismen greifen gut ineinander, es ist aber bei allem Kaufen und Bieten schwer, den Überblick über alles zu behalten. Das Material ist von Denis Lohausen herausragend schön illustriert und gestaltet. Extrapunkte gibt’s für das Deeple-Wortspiel.
Große Vorteile für Startspieler, übermächtige Forschungsmodule
Allerdings hat der Startspieler hat zu große Vorteile, vor allem am Anfang, wenn es um den schnellen Kauf von zusätzlichen Deeplen geht, was zu mehr Geld führt, was zu mehr Modulen führt, was zu mehr Deeplen führt und so weiter.
Andererseits sind einige wenige Forschungsmodule so übermächtig, dass eine Karte ausreicht, um einen Gegner in der letzten Runde komplett zu zerstören – ohne Möglichkeit, etwas dagegen zu tun, was frustriert. Trotzdem ist „New Eden“ mindestens noch eine Partie wert.

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