First Rat: Ein kleiner Schritt für eine Ratte…

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Es gibt diese Themen, mit denen man so grundlegend nichts anfangen kann – auch nicht in Form eines Brettspiels. Für mich ist Raumfahrt so ein Thema, weswegen ich entsprechende Spiele nur mit großer Zurückhaltung anfasse. Außer natürlich, die zu spielenden Astronauten sind kleine Ratten, die mit ihrer selbst gebastelten Rakete zum weit entfernten Käsemond starten wollen – das Thema wiederum ist so einzigartig, dass es einfach ausprobiert werden muss. Willkommen bei „First Rat“!

  • Autor: Gabriele Ausiello & Virginio Gigli
  • Illustration: Dennis Lohausen
  • Spielerzahl: eins bis fünf
  • Alter: ab zehn Jahren
  • Dauer: 30 bis 75 Minuten
  • Lustige Startspielerbestimmung: wer zuletzt Käse gegessen hat
  • Verlag: Pegasus Spiele

Die Tage auf dem Schrottplatz sind für den Rattennachwuchs immer wieder spannend. Oftmals finden sich interessante Dinge in den Tiefen der Müllberge. Eines Tages halten sie einen Comic in der Hand, der von der Mondlandung erzählt. Was läge nun also näher, als selbst das Abenteuer zu wagen und zum verlockend gelb am Himmel hängenden Käsemond aufzubrechen?

Verschlungener Weg zur Rakete bei „First Rat“

So sammeln die Spielerinnen und Spieler mit ihrer Rattenfamilie auf dem Schrottplatz allerlei nützliches Material, um die Rakete zu bauen und für Verpflegung auf dem langen Flug zu sorgen. Gleichzeitig möchte aber auch jede Familie die Bemannung, äh Berattung, der Rakete selbst stellen. Und auch wenn alle zusammenarbeiten – am Ende wird eine Familie die erfolgreichste sein und für immer in die Ratten-Geschichte eingehen!

Schon wenn man den Spielplan von „First Rat“ auf dem Tisch ausbreitet, kann man sich an vielen kleinen Details und liebevollen Zeichnungen erfreuen. Der Plan zeigt den Weg hoch zur Startrampe, garniert mit allerlei zu findenden Ressourcen. Im unteren Bereich findet sich außerdem noch der Rattenbau, in dem der Nachwuchs auf seinen Einsatz wartet, im oberen entsteht die sehnsüchtig erwartete Rakete.

Die Ratten machen sich auf den weiten Weg.

Im Kern ist „First Rat“ ein Spiel ums geschickte Laufen. Die wichtigste und erste Entscheidung, die man am Beginn des eigenen Zugs treffen muss, ist, wie viele Felder man mit welchen Ratten laufen möchte und kann. Der besondere Kniff dabei: Eine einzelne Ratte kann zwar weiter laufen, aber wenn wir es schaffen, mehrere unserer zwei bis vier Ratten auf dem Plan auf ein gleichfarbiges Feld zu ziehen, dürfen die sich in einem Zug alle bewegen und die entsprechenden Felder abernten. Ein spannender und sehr belohnender Mechanismus!

An Beute kann man auf so einem Schrottplatz einiges abgreifen – verbeulte Konservendosen, alte Taschenrechner, Backpulver und Limoflaschen sind dabei die Komponenten, die man zum Bau der Rakete braucht. Denn was wäre logischer, als den Antrieb aus Backpulver und Limo zusammenzuschustern?

Käse ist Verpflegung und Währung bei „First Rat“

Es gibt aber noch mehr zu entdecken – da wäre zum einen der wichtige Käse, der sowohl als Reiseverpflegung als auch als Währung im Spiel dient. Denn Hamster, Frosch und Krähe verkaufen nützliche Gegenstände am Wegesrand. Man kann diese auch stehlen, aber zur Strafe beginnt die diebische Ratte dann den Weg wieder ganz von vorn.

Der süße Hamster ist der erste Händler, den die Ratten treffen. Er geht oft leer aus, weil ihm seine wertvollen Rucksäcke einfach gestohlen werden… Auch Apfelreste können die Ratten abstauben, die sie wiederum im Rattenbau einsetzen können, und Glühbirnen, die den Weg zur Rakete ausleuchten und so für mehr Ausbeute auf den Feldern des Weges sorgen. Und dann gibt’s auch noch Tunnel als Abkürzungen, für die Ressourcen zu bezahlen sind.

Vielfältige Wege zum Sieg

Die am Ende alles entscheidenden Punkte macht man auf viele verschiedene Wege. Das Bauen an der Rakete, das Sammeln von Käse als Reiseverpflegung, das Besetzen der Rakete mit eigenen Ratten sind nur einige Möglichkeiten, Punkte zu ergattern.

Abwechslung bietet das Spiel durch unterschiedlichste Variablen, die sich von Partie zu Partie ändern, vor allem aber auch durch die Rückseite des Spielplans, die einen immer unterschiedlichen Aufbau ermöglicht – sowohl was die Bewegungsfelder, als auch die Wertungsleisten angeht. Eine fortgeschrittene Variante führt dann auch noch echte Super-Ratten ein wie Lola Rat und Arnold Rattenegger.

Solo zur Rakete

„First Rat“ bietet einen sehr gut umgesetzten Solo-Modus, in dem man gegen einen durch ein Kartendeck gesteuerten Gegner namens Greg antritt. Das kann man in fünf unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auf beiden Spielplanseiten tun, was sehr viel Varianz bietet. Greg lässt sich gut steuern, wenn man die Symbolik der Karten einmal verinnerlicht hat. Seine Ratten bewegen sich auf dem Plan mit, klauen Gegenstände weg und versuchen natürlich, die Rakete zu erreichen. Die Karten geben vor, welche Ratte sich wie weit bewegt und welcher Wertungs-Würfel von Greg gelegt wird. Die Solo-Karten zeigen Gregs kompletten Zug an.

Auf den unteren Schwierigkeitsgraden lässt Greg sich recht leicht besiegen, aber danach wird das Spiel durchaus knifflig und bietet immer wieder neue Herausforderungen. So macht das Abenteuer auch allein am Tisch sehr viel Spaß!

Rundum gelungenes Kennerspiel mit toller Illustration

„First Rat“ ist ein rundum gelungenes Kennerspiel, toll ausgestattet und von Dennis Lohausen herausragend illustriert, mit einem frischen Thema, das man im Spiel auch durchaus spüren kann. Es ist sehr zugänglich, bietet aber dennoch auch erfahrenen Spielerinnen und Spielern genug Futter für viele Partien – der bekannte Mit-Autor Virginio Gigli zeichnet ja schließlich auch für Expertenkracher wie „Grand Austria Hotel“ oder „Lorenzo der Prächtige“ mit verantwortlich.

Für Einsteigerinnen und Einsteiger in den Bereich der Kennerspiele ist es perfekt geeignet. Es lässt sich gut erklären, wird schnell verstanden (auch getragen durch die gute Symbolik im Spiel) und dauert nicht allzu lange. Selbst zu viert kann es problemlos in einer Stunde gespielt werden. Apropos: In allen Besetzungen funktioniert es gut – solo und zu zweit ist es etwas planbarer, mit vier und fünf Leuten am Tisch wird es chaotischer auf dem Schrottplatz und man muss sich die Felder mit vielen anderen Ratten teilen. Beides hat ohne Frage seinen Reiz.

Eine gut strukturierte Anleitung rundet das Gesamtpaket ab – und die gut gefüllte Schachtel kann noch dazu zu einem fairen Preis erstanden werden. Also: ein kleiner Schritt für eine Ratte, aber ein großer Schritt am Spieletisch – auf in die Rakete und ab zum Käsemond!

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