Raccoon Tycoon: Guter Einstieg in Wirtschaftssimulation

Wir befinden uns im „Goldenen Zeitalter von Astoria“, wie uns der Untertitel von „Raccoon Tycoon“ verrät. Das im putzigen, flauschigen Design daherkommende Spiel von Glenn Drover ist eine gar nicht so einfache Wirtschaftssimulation. Kauf und Verkauf bestimmen den Markt, Anteile und Gebiete wollen ebenso bezahlt werden wie neu zu errichtende Gebäude.

  • Autor: Glenn Drover
  • Illustration: Annie Stegg Gerard
  • Spielerzahl: zwei bis fünf
  • Alter: ab zehn Jahren
  • Dauer: 60 Minuten
  • Lustige Startspielerbestimmung: keine
  • Verlag: Piatnik

Jeder Spieler hat dabei aber nicht das Ziel, Geld zu scheffeln, wie man erwarten könnte. Denn Geld ist am Ende nichts mehr wert. Stattdessen gilt es Firmenanteile und Gebiete in geschickten Kombinationen zu erwerben.

Gut gefüllter Spielplan

Der von Annie Stegg Gerard detailverliebt illustrierte Spielplan ist in der unteren Hälfte gut gefüllt: Hier liegen je zwei Anteile und ein Gebiet neben den dazugehörigen verdeckten Nachziehstapeln. Am unteren Spielplanrand wartet ein weiterer Stapel, daneben vier aufgedeckte Bauwerke. All das steht für die Spielerinnen zum Verkauf.

Auf der oberen Hälfte des Spielplans sind die Wertskalen für Getreide, Holz, Eisen, Kohle, Fracht und Wein zu finden, mit je einem Marker, der den aktuellen Preis angibt.

Fünf Aktionen zur Wahl bei „Raccoon Tycoon“

Die Spieler haben pro Zug die Wahl zwischen fünf Aktionen. Zu Beginn wird noch vermehrt produziert. Dafür hat ein aufstrebender Tycoon drei Marktwert-/Produktion-Karten auf der Hand. Die obere Hälfte zeigt, von welchen Waren der Marktwert steigt. Ist dort ein Holz und zwei Getreide zu sehen, werden die entsprechenden Marker auf den Skalen so viele Felder nach oben bewegt.

In der unteren Hälfte sind bis zu fünf Waren zu sehen, von denen man maximal drei auswählen und in den eigenen Vorrat legen darf. Am Ende des Zugs wird wieder auf drei Handkarten nachgezogen.

Erst Wert hochtreiben, dann verkaufen

Wer nach und nach genügend Waren produziert hat, kann sie verkaufen – am Besten nachdem man zuvor den passenden Marktwert nach oben getrieben hat. Danach sinkt dieser Wert um so viele Waren, wie man verschachert.

Hat ein Spieler schon einiges an Geld eingesackt, kann er auch eine Auktion ausrufen. Hier geht es um eine der beiden aufgedeckten Anteilskarten. Je mehr man am Ende von einer Sorte hat, desto mehr Siegpunkte gibt es. Wie viele verschiedene Anteilskarten – Big Bear, Fat Cat, Sly Fox, Tycoon, Skunk Works oder Top Dog – es gibt, hängt von der Spielerzahl ab.

Wertvolle Pärchen aus Gebiet und Anteil

Weitere Aktionsmöglichkeit: Ein Gebiet kaufen. Diese wollen immer mit einer gewissen Anzahl gleicher oder einer höheren Anzahl beliebiger Waren bezahlt werden und sind ebenfalls Siegpunkte wert. Besonders viele Zähler erhält, wer Pärchen aus Gebiet und Anteil bilden kann. Das sorgt für weitere zwei Siegpunkte pro Paar bei der Endabrechnung.

Zu guter Letzt kann eine Spielerin ein Bauwerk errichten. Es wird mit Geld bezahlt und bringt immer einen Effekt mit. Manche stellen bei der Produktionsaktion weitere Waren her, die nicht unter das Dreier-Limit fallen. Andere erhöhen den Verkaufspreis oder bringen aus verschiedenen Gründen Siegpunkte oder sonstige Vorteile.

Manche Gebäude zu mächtig

Baut ein Spieler das Auktionshaus, erhält er ab sofort für jede Auktion fünf Geld, egal, wie sie ausgeht. Die Börse dagegen erlaubt es, nach der Produktion beliebig viele Waren von einem Mitspieler zu kaufen, was dieser nicht ablehnen kann. Beides sind im Vergleich zu anderen Bauwerken eigentlich recht günstige Gebäude, die aber sehr großen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen. Das kann nicht nur, aber gerade auch im Spiel zu zweit ein Manko sein.

Sobald ein Nachziehstapel von Gebieten, Gebäuden oder Anteilen leer ist, wird nur noch die Runde zu Ende gespielt. Zur Schlusswertung zählen die Spieler ihre Gebiete und Anteile sowie die Paare daraus, hinzu kommen die Punkte von Gebäuden. Wer die meisten Punkte hat, darf sich ab sofort Tycoon von Astoria nennen.

Sichtschirme fehlen bei „Raccoon Tycoon“

Die Illustration mit Tieren und Landschaften von „Raccoon Tycoon“ ist wirklich schön, das sonstige Material ebenso. Bis auf zwei Dinge: Man ist an der Stelle vielleicht etwas verwöhnt, aber ein Spielertableau, um Gebäude und Waren abzulegen, wäre hübsch gewesen.

Dagegen fast zwingend nötig: Ein Sichtschirm für jeden Spieler, um das eigene Geld vor den Blicken anderer zu verbergen. Es steht zwar in der Anleitung, dass man das eigene Vermögen versteckt halten soll, das ist auf dem Spieltisch ohne Sichtschutz allerdings schwierig. Verrutscht der Geldscheinstapel, ist durch die verschiedenen Farben schnell ersichtlich, wie viel der andere gerade hat – und ein Überbieten bei der nächsten Aktion ist plötzlich sehr einfach.

Nicht so niedlich, wie es aussieht

„Raccoon Tycoon“ sieht niedlich aus, ist es aber nicht. Viel mehr ist es ein guter Einstieg in die Welt der Wirtschaftssimulationsspiele. Trotz eingängiger Regeln steckt viel Taktik und Strategie im Spiel. Man ist zwar auf ein wenig Glück bei den Marktwert-/Produktionskarten angewiesen, um die richtigen Preise zum passenden Zeitpunkt nach oben treiben zu können. Dennoch bestimmen Planung und Überlegung.

Allerdings muss man mit den teils zu stark erscheinenden Effekten mancher Gebäude klar kommen – vor allem, wenn sie alle an die Mitspieler gegangen sind. Da kann eine Partie früh aussichtslos werden. Ganz wie im echten Wirtschaftsleben.

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