Paris: Lichter der Stadt für zwei

Es gibt sie, diese kleinen, nicht neuen Spiele, die optisch in den Bann ziehen. „Paris“ war für mich so eins. Gesehen, ohne viel überlegen gekauft. Gespielt – und für gut befunden. In einem bemerkenswert illustrierten Plättchenpuzzle für zwei Personen spielen wir in zwei Phasen auf zwei unterschiedlichen Ebenen, beeinflusst von besonderen Effekten auf wunderschön gestalteten Postkarten. All das übt einen ganz speziellen Reiz aus.

  • Autor: José Antonio Abascal
  • Illustration: Oriol Hernández
  • Spielerzahl: zwei
  • Alter: ab zehn Jahren
  • Dauer: 30 Minuten
  • Lustige Startspielerbestimmung: wer zuletzt das Licht eingeschaltet hat
  • Verlag: Kosmos / Devir Games

Die kleine Spielschachtel von „Paris“ ist zugleich das Spielbrett. Drumherum werden acht der zwölf Aktionspostkarten ausgelegt, zwei an jeder Schachtelseite. Schaut sie euch an, sie sind einfach so schön und entführen direkt in die Zeit des Spiels, das Jahr 1889.

Die Macht der Elektrizität

Wer’s ganz genau wissen will: Es ist offenbar Dienstag, der 29. September des Jahres 1889, so steht es zumindest auf der ersten Seite der Anleitung, die – detailverliebt wie der Rest des Spiels – in Aufmachung einer Zeitung mit Titel, Datum, gemaltem Bild und Text mitsamt Spitzmarke daher kommt. Das ist einfach schön! Wir befinden uns zu Zeiten der Exposition Universelle. Damals begeisterte die Macht der Elektrizität die Welt – und die elektrische Straßenbeleuchtung ließ Paris erstrahlen.

Nun wollen wir aber auch spielen, also wählen die Kontrahenten ihre Farbe – blau oder orange – und nehmen sich ihre sieben putzigen Holzschornsteine sowie je vier Aktionsmarker und acht Straßenplättchen ihrer Farbe. Marker und Plättchen zieren auf der Rückseite zur symbolischen Kenntlichmachung auch noch Halbmond oder Sonne.

Nur beleuchtete Gebäude bringen in „Paris“ Punkte

Ziel ist es, erst Straßen und dann Gebäude zu bauen, die wiederum von möglichst vielen Straßenlaternen beleuchtet sind – nur das zeigt, wie erfolgreich wir in der Pariser Stadtplanung zugange sind. Wenn dann noch besondere Gebäude und Künstler unser Viertel beehren, strahlen wir nicht nur im Licht, sondern auch dank des Sieges durch möglichst viele Punkte.

Eine Partie „Paris“ besteht aus zwei Spielphasen, dann startet die Wertung. In Phase eins gibt es zwei Möglichkeiten: Die Spielenden legen im Wechsel je eines ihrer Straßenplättchen ins Vier-mal-vier-Raster auf dem Spielplan oder sie nehmen ein Gebäude – eines von zwölf Polyominoplättchen – aus dem Vorrat. Das eine bedingt das andere. Denn die Straßenplättchen sind jeweils in vier Felder unterteilt, die in unterschiedlicher Zusammensetzung Straßenlaternen auf grauem Grund oder Felder in Orange, Lila oder Blau zeigen.

Nur auf eigenen und neutralen Straßen bauen

Die Platzierung ist essenziell für Phase zwei, doch dazu gleich mehr. Die erste Phase dauert an, bis auch der zweite Spieler sein achtes Straßenplättchen gelegt hat und der Spielplan folglich gefüllt ist.

In Phase zwei stehen „Gebäude platzieren“ und „Aktion ausführen“ auf dem Plan. Nun kommen wir dazu, wie wichtig es ist, in Phase eins die Straßenplättchen sinnvoll zusammenzupuzzeln. Denn ein Gebäude kann nur auf Straßenfelder der eigenen Farbe oder der neutralen Farbe lila gebaut werden. Die gegnerischen Felder und auch die mit den Straßenlaternen sind tabu. Ist ein Gebäude gebaut, darf die Spielerin einen Schornstein ihrer Farbe darauf stellen.

Meistens im Weg: Stadtplanung des Gegners

Es ist schnell klar, wie wenig Platz auf dem Spielplan ist und wie schnell man sich mit dem gegnerischen Stadtplaner ins Gehege kommt. Denn der hat natürlich für seine Gebäude ganz andere Vorstellungen der richtigen Anordnung von Straßenplättchen.

Wie gut, dass es dafür die Aktionskarten und ihre Effekte gibt. Statt ein Gebäude zu bauen, kann ein Spieler auch einen seiner vier Aktionsmarker auf eine noch nicht belegte der acht Postkarten werfen. Einige haben Soforteffekte, andere dürfen zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt einmal eingesetzt werden und wieder andere – die mit Briefmarken – bringen Siegpunkte. Die Effekte reichen von einer gigantischen Laterne mit enormem Leuchtradius über „tausche eines deiner Gebäude mit einem aus dem Vorrat und baue es sofort regelkonform“ bis hin zu Extragebäuden, der Erlaubnis, ein Gebäude auf einer Laterne zu bauen, oder dem Maler oder der Tänzerin aus „Moulin Rounge“, die Sonderwertungen ins Spiel bringen.

„Paris“ endet

Phase zwei endet, wenn kein Spieler mehr ein Gebäude bauen kann und wenn beide Spieler ihre je vier Aktionsmarker auf den Postkarten platziert haben. Dann folgt die Schlusswertung.

Jede Spielerin prüft ihre beleuchteten Gebäude. Dafür wird für jedes Gebäude die Größe mit der Anzahl der angrenzenden Straßenlaternen multipliziert. Ein Beispiel: Stehen angrenzend an ein Gebäude, das fünf Straßenfelder bedeckt, zwei Straßenlaternen, sind das zehn Punkte.

Minuspunkte für nicht gebaute Gebäude

Dann gibt es auch noch Punkte für den größten zusammenhängenden eigenen Gebäudekomplex. Auch hier zählt jedes überbaute Feld. Nicht gebaute Häuser bedeuten drei Minuspunkte.

Sind Aktionspostkarten im Spiel, die Siegpunkte bringen, fließen sie jetzt in die Wertung mit ein. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.

Vielschichtiges Puzzle benötigt räumliches Denken

„Paris“ ist ein erfreulich tüfteliges, vielschichtiges Puzzle, bei dem die Aktionskarten helfen, die unerfreulichen Züge des Gegenübers auszugleichen – wenn möglich. Das macht Spaß, erfordert aber auch einiges räumliches Denkvermögen. Das Material ist optisch ungewöhnlich und dadurch überaus ansprechend.

Kleines Manko: Für Menschen mit Farbsehschwäche könnten die Straßenplättchen mit lila, orange und blau zu wenig Kontrast bieten. Es ist aber der einzige kleine Fehler in einem ansonsten rundum gelungenen Spiel für zwei, das auch dank der wechselnden Aktionspostkarten lange wiederspielbar bleibt. Die Symbolik ist klar und verständlich, die Wertung nicht zu komplex. Wir könnten also gern gleich noch einmal die Straßen von Paris erhellen und bebauen.

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