Inseln krachen aneinander, Vulkane brechen aus, neues Land entsteht und die Menschheit lernt und erweitert ihren Horizont. Dafür verantwortlich sind ein bis vier Halbgötter, die in „Oros“ von Brandt Brinkerhoff die Welt formen. In einem verkopften, komplexen Kennerspiel, das einige Anlaufzeit braucht.

Auf dem Ozean-Spielplan bilden Plättchen Inseln oder Landflächen. Diese schieben und bewegen die Halbgötter über das Raster des Spielplans. Sie wollen Landmassen gegeneinander prallen lassen und dadurch Vulkane und Berge erschaffen.
Wer bringt das meiste Wissen unter die Menschheit?
Dafür hat jeder Spieler ein eigenes Tableau, auf dem mit Figuren pro Zug drei Aktionen gewählt werden. Sechs Aktionen stehen zur Auswahl. Neben dem Verschieben und Bewegen von Landplättchen ist es möglich, Vulkane zu platzieren oder ausbrechen zu lassen, zu bauen oder Figuren studieren oder wandern zu lassen. All das planen die Halbgöttinnen, um als diejenige verehrt zu werden, die das meiste Wissen unter die Menschheit brachte. Planungsmarker können dabei helfen, die zukünftigen Züge vorab festzuhalten. Es gibt einen Marker für jede Spalte, aber nur drei tragen Zahlen, sodass die „Blindgänger“ helfen, vor den Mitspielern zu verbergen, was man vorhat.
Nun hat keiner gesagt, dass das Leben als Halbgott einfach ist, es ist eher harte Arbeit. Darum ist ein langwieriges Regelstudium nötig, um zu durchdringen, was „Oros“ eigentlich will. Mal schnell für einen netten Spieleabend ist das nicht aufgebaut.
Wie Landschaften bei „Oros“ entstehen
Allein das Entstehen von Land ist eine Wissenschaft für sich. Prallen Plättchen aufeinander, werden ihre Werte addiert. Eine Eins und eine Eins ergeben eine Zwei. Soweit so gut. Sobald die Summe aber vier überschreitet, entsteht ein Viererplättchen mit einem Vulkan mit dem Wert des Überschusses. Heißt: Eine Drei und eine Drei ergeben ein Viererplättchen mit einem Zweiervulkan. Eine Vier und eine Vier erzeugen einen Berg, steht ein Vulkan auf einem der Vierer, wandert er auf den Berg. Und weil der Berg nun mal ein Berg ist, kann er ab sofort nicht mehr hin und her verschoben werden.
Bricht ein Vulkan aus, füllt seine Lava erst mal das Plättchen auf Vier auf, auf dem er steht. Danach entsteht angrenzen waagerecht oder senkrecht angrenzend weitere Landmasse. Heißt: Bricht auf einem Dreierplättchen ein Dreiervulkan aus, wird aus dem Dreierplättchen ein Viererplättchen und daneben liegt ein neues Zweierplättchen. Oder an zwei Kanten ein Einerplättchen.
Verschieben oder bewegen – wichtiger Unterschied
Hinzu kommt, dass die Landplättchen verschoben werden können, dann wird in einer Reihe jedes einzelne Plättchen um die gleiche Feldzahl nach links, rechts, oben oder unten verfrachtet. Dabei kommt es nicht zum Zusammenstoß und Berge können nur bewegt werden, wenn man es gelernt hat. Beim Bewegen dagegen werden bestimmte Anzahlen von Plättchen bewegt. Hier kommt es zum Zusammenstoß und die bereits erwähnte Wissenschaft der Landentstehung beginnt. Moment, was? Bewegen ist etwas anderes als Verschieben? Auch das will erst mal be- und auseinandergehalten werden.

Jede der sechs Aktionen kann dank des gesteigerten Wissens der Menschheit auf sechs Stufen verbessert werden. Gleiches gilt für die drei Bauwerksarten, für die es in verbesserter Form mehr Erfahrung und mehr Punkte auf der Pyramide gibt. Pyramide? Die ist ein eigener Spielplan, auf dem die Halbgötter „aufsteigen“. Wer die Spitze der Pyramide erreicht, löst das Spielende aus.
Solo oder zu zweit gegen Automas
Davor wollen aber Punkte gesammelt werden. Dafür braucht’s Berge, auf denen Denkmäler, Schreine und Tempel errichtet werden, die wiederum Erfahrung und Wissen für die Menschen bringen. Außerdem erlauben es die Bauwerke, weitere Figuren auf die Landschaft zu senden, um dann andernorts wieder bauen zu können.
„Oros“ ist eigentlich für drei und vier Spieler gedacht, darum spielen Solisten oder Duos zusätzlich gegen Automas, also virtuelle Spieler, die über zufällig gezogene Karten gesteuert werden.

Bewegung der Landschaftsplättchen wird immer komplexer
All das ist mindestens genauso kompliziert, wie es klingt. Die Bewegung der Landschaftsplättchen wird mit jeder zusätzlichen Stufe noch verkopfter. Ein, zwei oder drei Plättchen verschieben oder bewegen? Wann entsteht welche Landschaft? Und wo baut wer was warum? Es braucht definitiv einige Partien, bis „Oros“ flüssig spielbar ist. Und dann wären da auch noch Fortgeschrittenenvarianten mit größerem Spielplan, anderer Plättchen- und Vulkan-Verteilung zum Start oder mit Heiligen Bergen oder dem Jade-Jaguar.

Nette Details auf den Plättchen können bei der „Schatzsuche“ entdeckt werden – von Aladins Wunderlampe bis zum Monster von Loch Ness. Auch Errungenschaften können mit wechselnden Spielerzahlen festgehalten werden.
Hohe Hürde des Regelverständnisses bei „Oros“
Das macht deutlich: In „Oros“ steckt wirklich viel drin. Das Kennerspiel ist, wie die Einordnung schon sagt, aber absolut nichts für Einsteiger, kann aber gerne grübelnden Runden Spaß machen – sobald die hohe Hürde des Regelverständnisses genommen ist.
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