Wir befinden uns im „Leake Street Tunnel“ in London – einer Leinwand für Streetart-Künstler. Als die wollen wir in „Graffiti“ von Marco Ruskowski und Marcel Süßelbeck unsere eigenen Meisterwerke an der Tunnelwand hinterlassen. Dafür ist einige Strategie und der taktisch geschickte Einsatz unserer Spraydosen gefragt.
Der Spielplan zeigt den Tunnel und seine beiden langen Wände, unterteilt in zehn Flächen für kunterbunte Graffiti. Die zehn Kunstwerke liegen dort in zwei bis vier Abschnitte unterteilt bereits verdeckt aus. Daneben sind die Tableaus für Erlaubnisse, Farben und Bonusplättchen, dazu gleich mehr.
Spraydosen einsetzen: Worker-Placement bei „Graffiti“
Jeder Streetartist hat fünf hölzerne Spraydosen seiner Farbe, einen Sichtschirm, seine Tags, also Marker, die anzeigen, welches Graffiti er gesprüht hat, sowie einen Reservierungs- und einen Punktemarker. Außerdem gibt es zu Beginn für jeden ein erstes Erlaubnisplättchen – wir wollen schließlich nur legal sprayend unterwegs ein – und zwei Farbplättchen.
Die Spielerin hat in jedem Zug die Wahl zwischen vier Aktionen, die ein bis zwei Spraydosen kosten. Diese werden auf entsprechenden Feldern auf dem Spielplan neben dem Tunnel eingesetzt. Sie kann sich Farbplättchen holen – das sind die Einzelfarben Blau, Gelb, Rot, Grün und Schwarz oder die Doppelfarben Blaugelb, Gelbrot oder Rotblau.

Von Erlaubnis- und Bonusplättchen
Oder sie holt sich ein oder zwei Erlaubnisplättchen. Diese zeigen Würfelaugen von eins bis fünf, passend zu den fünf Tunnelabschnitten mit je einem Graffiti links und rechts.

Die dritte Aktion ist, sich ein Bonusplättchen zu holen. Diese können Jokerfarben, Punkte, Zusatzaktionen oder weitere Vergünstigungen bringen. Hier hilft auch die Polizei in Form einer Bobby-Figur. Wer in dieser Runde den Bobby auf seiner Seite hat, beim Sprühen im Tunnel Vorteile.
Allerlei zu erledigen vorm ersten Sprühen
All das passiert dadurch, dass je nach Preis eine oder zwei eigene Spraydosen auf das entsprechende Feld gestellt und Plättchen genommen werden.
Die vierte und am liebsten genutzte, weil Punkte bringende Aktion: Graffiti sprühen. Dafür muss die Künstlerin die passende Erlaubnis haben und eine ihrer Spraydosen auf das entsprechende Teilstück des Tunnels stellen. Dann braucht sie die passenden Farbplättchen für ein Teil eines Graffitis, das Tunnel-Teilstücks zu sehen ist. Die Plättchen gibt sie ab, dreht das Graffiti-Teil um, legt ihr Tag darauf und rückt sofort die auf dem Teil abgebildeten Punkte vor.
Wer Spraydosen hat, kann weiterspielen
„Graffiti“ wird nicht klassisch in Runden gespielt. Es gibt in jeder Runde einen Startspieler, der kann, muss aber nicht wechseln. Danach setzen die Spieler immer wieder Spraydosen ein. Wer noch welche hat, darf weiterspielen. Wenn alle passen, also keine Dosen mehr zum Einsetzen haben, endet die Runde.
Alle Sprayer nehmen ihre Spraydosen zurück, jeder darf zwei seiner benutzten Farbdosen behalten, alle anderen kommen zurück aufs Farbtableau. Freie Felder auf den anderen Tableaus werden aufgefüllt. Der Startspieler wechselt, wenn in dieser Runde eine Dose auf ein bestimmtes Feld bei den Erlaubnisplättchen gestellt wurde, und weiter geht die muntere Sprüherei.
„Graffiti“ als Familien-Version von „Fresko“
Wenn sechs Graffiti komplett fertiggestellt sind, endet das Spiel, es folgt die punkteträchtige Schlusswertung, die den Sieger kürt.

„Graffiti“ ist der familientaugliche Nachfolger des Kennerspiels „Fresko“ der gleichen Autoren. Das ist gelungen, denn die Mechanismen sind nicht überladen, greifen gut ineinander. Varianten mit einem blockierten Tunnelbereich oder drei besonderen Graffiti halten den Wiederspielwert hoch.
Neutraler Spieler verkürzt Spielzeit zu zweit oder dritt
Im Spiel zu zweit oder dritt spielt ein neutraler Sprayer mit. Am Rundenanfang dreht der Startspieler ein Erlaubnisplättchen um. Der neutrale Sprayer erfüllt dann ein Graffiti-Teil in dem Tunnelabschnitt und platziert seinen Marker darauf. Der Startspieler wählt auch das aus. Das verkürzt die Spielzeit mit weniger als vier Spielern und bringt zugleich einen cleveren zusätzlichen Kniff, weil man den anderen so hübsch ihre Pläne verderben kann.
„Graffiti“ ist ein verständliches, gehobenes Familienspiel, das vielleicht nicht erst ab 14 Jahren gespielt werden kann, wie auf der Schachtel steht. Die auf der Regel abgedruckten „ab acht Jahre“ dürften aber dann doch zu früh angesetzt sein. Das ist aber auch das einzige Manko eines guten Spiels.
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