Da sind zwei, die sitzen morgens und abends in der Bahn und erzählen sich den Nonsens des Tages, der öfter mal mit der IT ihrer Arbeitgeber zu tun hat. Und da sind Situationen, die kehren immer wieder. Da fängt einer an, das aufzuschreiben. Und dann wollen sie es irgendwie verpacken. „So ist die Idee entstanden, diese Perlen des Büro-Alltags aus dem wahren Leben in einem Spiel unterzubringen“, erzählt Leif Warnecke, der einer von den beiden in der Bahn war. Der andere ist Daniel Pozzi. Er und Warnecke kennen sich schon seit vielen Jahren, hatten den gemeinsamen Weg zur Arbeit, einer in einem großen Konzern, der andere in einem Start-Up. Zusammen mit Tobias Bergmann wurde aus ihren (IT-)Geschichten „Agile Unicorn – Das Kartenspiel für IT-Geschädigte“.

Aber gehen wir nochmal einige Schritte zurück in die Anfänge der Entwicklung. Die beiden entwickelten noch vor der Pandemie Karten, bebilderten sie und spielten viele, viele Runden im Freundes- und Bekanntenkreis. „Da hat sich immer mehr Mechanik entwickelt. Erst hatten wir einen ganz anderen Ansatz. Das Spiel war viel schwieriger, aber wir haben es immer weiter runtergedampft“, erinnert sich Warnecke, denn: „Letztlich wollten wir einen witzigen Schlagabtausch, in dem man sich nerdige IT-Geschichten um die Ohren hauen und sich gegenseitig ärgern kann.“ Hat geklappt, was haben wir uns gegenseitig die Karten verflucht, beim Testen von Prototyp-Version V3. Aber dazu später mehr.

„Schnell, abwechlsungsreich“: „Agile Unicorn“
„Wir wollten aber alles mit einem Augenzwinkern, nicht superernst darstellen. Es sollte ein schnelles, abwechslungsreiches Spiel sein, auch wenn man längere Zeit damit verbringen kann. Die Spieler können dosieren, wie lange sie spielen wollen, wie viel Zeit und wie viele Runden“, fügt Warnecke an.
Dann kam die Pandemie und die Karten landeten in der Schublade – und danach glücklicherweise wieder auf Tischen, diesmal auch mit Kollegen, die selbst aus dem IT-Umfeld kamen. „Die kannten viele Schlagworte, hatten aber auch eigene Ideen für Karten. Das Fazit war auf jeden Fall cool“, berichtet Warnecke vom positiven Feedback, „das hat uns bestärkt, das Ganze nochmal ernster anzugehen. Und dann kam Tobias ins Spiel.“
Künstler mit Start-Up-Erfahrung
Tobias, das ist Tobias Bergmann, der selbst Start-Up-Erfahrung sammelte, ehe er sich als Künstler und Grafikdesigner selbstständig gemacht hat. „Leif und Daniel haben mich gefunden und das Projekt hat ordentlich Spaß gemacht. In den ganzen Kartenillustrationen bin ich voll aufgegangen. Es hat zwischen uns drei auch vom Vibe her super gepasst. Da wurden aus Kunden schnell Freunde“, verrät Bergmann. Er gestaltet unter anderem auch Logos und befasst sich mit Illustrationen, die mit Psychologie zu tun haben. Er hat bereits mit Praxen kooperiert, um Achtsamkeitsübungen für die Inneres-Kind-Arbeit zu gestalten. „Das ist natürlich ein ganz anderer Stil als jetzt bei den Spielkarten.“ Er hat auch schon ein weiteres Spielprojekt in Aussicht, weitere Infos folgen hoffentlich bald.

Inzwischen haben Warnecke und Pozzi eine GbR gegründet. „Wir wollten das auf solide Füße stellen. Wenn sich Freundschaft mit Teilgeschäftlichem mischt, muss das vernünftig aufgesetzt sein“, sagt Warnecke und betont, wie gut das Trio funktioniert, seitdem Bergmann im März 2024 dazugekommen ist. „Wir ergänzen uns mit unseren Fähigkeiten. Tobias bringt künstlerisch das Kreativ-Visuelle rein. Daniel ist Programmierer, kümmert sich um die Website und schleppt IT-Tools an. Und ich mache als Projektmanager alles drumherum von Sales bis Marketing – und schaue zu, dass wir den Fokus nicht verlieren“, erzählt Warnecke.
Easter-Eggs finden in „Agile Unicorn“
Großen Spaß hatte Bergmann mit dem Kartendesign, mit einzubauenden filmische Anspielungen von „Matrix“ über „Star Wars“ bis „The IT-Crowd“. Es steckt aber auch ganz viel Nerd-Humor drin. Da werden Backups im Goldfischglas versenkt und der Seniormitarbeiter hat noch Konrad Zuse und den Ur-Computer persönlich gekannt. Da werden Bugs mit der Fliegenklatsche platt gemacht und die Cloud ist eine ganz spezielle Variante ihrer Art.

Und dann sind da auch noch die drei Karten, auf denen Bergmann sich und seine beiden Kollegen verewigt hat – als CEO, dessen Handy die Seite nicht anzeigt (Pozzi), und als Productowner mit Übersicht (Warnecke). Bergmann selbst ist auf der Karte zu finden, auf der Mitarbeitende ihre Freunde einladen sollen.

„Design vorangetrieben, Probleme gelöst“
Im August gab’s den ersten Prototypen. „Wir haben schnell gemerkt, dass die Icons verwirrend waren und die Leute gar nicht wussten, was sie mit den Karten machen sollen. Wir haben das Design vorangetrieben, Probleme gelöst. Die Karten wurden nicht nur hübscher und ansprechender, sondern auch spielbarer. Das war ein spannender Prozess“, blickt Bergmann zurück, der sich selbst gar nicht als „Hardcore-Spielenerd“ bezeichnet. Eher ein Gelegenheitsspieler mit kleiner Sammlung.
Bei Warnecke ist die Spielewand eher über mehrere Regale verteilt. Er mag zwar keine epischen Sechs-Stunden-Spiele mehr, verbringt aber gern ganze Wochenenden mit Freunden mit Spielen. Da kommen „Dune Imperium“ oder „Die verlorenen Ruinen von Arnak“ auf den Tisch, „aber auch gerne Kartenspiele“.
Spielbare Exemplare für SPIEL 2025 geplant
Und ihres, „Agile Unicorn“, wuchs immer weiter, wurde weiter getestet, beispielsweise bei „Bonn spielt“ im November 2024. „Da haben wir zwei Tage durchgespielt, IT-Leute sind genauso hängen geblieben wie Rentnerpärchen oder Eltern mit Kindern. Das war einmal die komplette Spielerpalette und hat uns auch mit der Altersangabe geholfen“, erzählt Leif.

Im ersten Halbjahr ist die Crowdfounding-Kampagne bei Kickstarter geplant, bei der SPIEL 2025 in Essen soll es dann hoffentlich schon spielbare Exemplare des komplett fertigen Spiels geben. Und wie spielt es sich nun?
Beste Start-Up-Mitarbeiter anwerben bei „Agile Unicorn“
Alle Spielerinnen gründen Start-Ups und wollen die besten Mitarbeiter anheuern auf dem Weg zu 22, 32 oder 42 Siegpunkten. Dafür haben wir einen Grundstock an Karten – ein Noob, einen CEO, einen weiteren Mitarbeiter, zwei Events und eine Incentive-Karte. Wer in der neuen Arbeitswelt nicht ganz so daheim ist: die Team-Mitglieder sind neben dem „normalen“ Mitarbeiter ein unerfahrener Anfänger, ein Chef, zwei Ereigniskarten und eine Karte, die Mitarbeitern Anreize liefert, den Arbeitgeber gut zu finden und motiviert und leistungsstark zu bleiben. Das reicht von der Kaffee-Flatrate über den firmeneigenen Masseur bis hin zum Korb mit frischem Obst.
Jetzt gibt’s noch viel mehr New-Work-Buzzwords: Das Spiel läuft in mehreren Sprint-Runden, ein Sprint besteht aus maximal fünf Pitches.
Verdeckter Würfeleinsatz im Pitch
Pro Pitch werben die Spieler mit ihren Team-Mitgliedern um die Karte, die in der Mitte ausliegt. Jeder Spieler entscheidet, wie viele Team-Mitglieder er verdeckt einsetzen will, um mit den darauf abgedruckten Würfeln um den Sieg mitstreiten zu können. Das Problem: Pro Sprint kann jedes Team-Mitglied nur einmal zum Einsatz kommen.
Heißt: Wer früh viele Karten setzt, geht ziemlich sicher am Ende des Sprints bei der fünften Karte leer aus. Und vielleicht ist das gerade die eine, die besonders viele Siegpunkte bringt? Punkte gibt’s immer für Storykarten. Beim Pitch landen aber auch neue Team-Mitglieder in der Mitte, die unterschiedlich viele Würfel beschaffen für den nächsten Sprint-Einsatz, und Incentives, die Boni bringen.
Bester Moment: Mit Event-Karten um sich werfen
Wenn alle gesetzt haben, dreht jeder seine Karten um und alle sehen, wer in diesem Pitch wie viele Würfel einsetzen darf. Und genau jetzt wird’s lustig. Denn jetzt dürfen sich alle gegenseitig oder sich selbst mit Event-Karten zuschmeißen. Da werden Team-Mitglieder oder Würfel hinzugefügt oder weggenommen, Boni auf die Ergebnisse addiert oder subtrahiert, mal muss wer aussetzen. Dagegen helfen Events mit Zauberstabfunktion.
Zwei Eventkarten gibt es pro Sprint und Spielerin. Sie kommen nach dem Einsatz auf einen Ablagestapel. Kann oder will keiner mehr weitere Events spielen, wird nun tatsächlich gewürfelt. Die Spieler müssen dabei nicht nur die Ergebnisse der anderen übertreffen, sondern auch den Wert der Karte im Pitch. Bei Storykarten ist der Wert gleich der Siegpunkte. Bei Team-Mitgliedern wird ihr Wert mit ihrer Würfelanzahl gewürfelt. Bei Incentives muss das Ergebnis über dem Bonuswert liegen. Ein Beispiel-Pitch:
Gefluche, Gelächter, Ärger und Spaß
Wer den Pitch gewinnt, nimmt die Karte aus der Mitte. Story- und Incentive-Karten werden offen ausgelegt, neue Team-Mitglieder kommen mit den in dieser Runde gespielten eigenen „Kollegen“ auf einen Ablagestapel und können erst beim nächsten Sprint wieder verwendet werden. Wer zuerst die festgelegte Siegpunktmarke knackt, gewinnt und ist erfolgreichstes Start-Up.

Und das macht großen Spaß. Was haben wir uns mit dem schon sehr ausgereiften Prototypen mit Ereignissen geprügelt auf der Jagd nach dem nächsten Pitch. Gefluche, Gelächter, Ärger und die Erkenntnis inklusive, dass man auch einfach mal unfassbar schlecht würfeln und trotzdem gewinnen kann.
„1337 H4xor“ trifft „Agile Unicorn“
Die Illustrationen von Bergmann sind wirklich gelungen und lustig für Nerds, die wissen, was es mit ISO-Zertifizierung, USP oder dem Ausdruck „1337 H4xor“ auf sich hat, unterhalten aber auch die IT-Noobs am Tisch, weil es einfach ein gutes Spiel ist. Das hoffentlich dann bald tatsächlich das Licht der Spielewelt erblickt. Es soll via Crowdfounding realisiert werden, die Kampagnenvorschau auf Gamefound ist schon online.
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