Es darf als ungewöhnlich bezeichnet werden, wenn ein Spiel in einem A-5-Briefumschlag daherkommt und in der Anleitung steht, dass aus Nachhaltigkeitsgründen Stifte und Würfel nicht enthalten sind und man erst mal die Auftragskarten fürs erweiterte Spiel selbst ausschneiden muss. Das ist es aber wert, denn im Umschlag steckt mit „Roll’n’Coaster“ das zweite Spiel von Jonas P. Heim, ein unterhaltsames Roll’n’Write, bei dem wir uns unseren eigenen Freizeitpark bauen.

Der 36-Jährige lebt in der Nähe von München, ist Umwelt- und Erlebnispädagoge mit Spaß am Spiel. „Eigentlich spiele ich eher komplexere Spiele im Expertenbereich. Aber schnelle, kurzweilige Spiele für zwischendurch sind wichtig und angenehm, um ein bisschen aufgelockert spielen zu können“, erzählt Heim. Darum sollen die von ihm entwickelten Spiele eher das Niveau von Familienspielen haben. Und sie brauchen „wenig Material, wenig Platz, sodass man sie auch mal schnell mitnehmen kann“, verrät er.

Erstes Spiel im Jahr 2020
Wenn Heim nicht gerade spiele entwickelt, Geschichten oder Texte schreibt, arbeitet er in einer Jugendeinrichtung in der Nähe von München, ist aber auch gerne auf Reisen, in der Natur unterwegs oder sportlich aktiv.
Begonnen hat seine Spieleautorenkarriere mit „Tukdatu – wer überlebt den Dschungel?“, das er 2020 mit Thao Pham bei einem Münchner Verlag veröffentlicht hat. 2024 folgte „Skidz – Das Brettspiel“ und „Der falsche Hering“. In diesem Jahr kamen „Herring reAction“ (Rezension folgt) und eben „Roll’n’Coaster“ dazu.

Würfel und Stift besorgen und los geht „Roll’n’Coaster“
Und mit dem beschäftigen wir uns jetzt: Zu Beginn einer Runde erhält jeder ein Blatt vom Spielblock, auf dem allerlei zu sehen und zu lesen ist. Das obere Drittel nimmt die freie Fläche ein, auf der wir unseren Park errichten. Drumherum erklärt sich das Spiel quasi von selbst. Das ist ausgesprochen hilfreich, weil es für ein fluffiges, kleines Roll’n’Write ganz schön viel zu beachten gibt.
Wenn wir zwei normale Würfel – und ja: wir haben alle genug davon daheim! – und für jeden einen Bleistift besorgt haben, kann’s auch schon losgehen. Zuerst platziert jeder am Tisch in seinem Park einen Eingang – man muss ja irgendwo reinkommen.
Form und Inhalt erwürfeln
Anschließend würfelt der Startspieler und alle nutzen das Ergebnis zum Bauen. Die Regeln dafür sind so simpel wie wirkungsvoll: Ein Würfel gibt die einzuzeichnende Form vor, der andere den Inhalt, also das, was jemand baut, in der Anleitung etwas sperrig „Konstrukt“ genannt. Dabei entscheidet jeder Spielende für sich, welchen Würfel er für was nutzen will.

Je nach Würfelergebnis gibt es ein bis zwei Polyomino-Formen zum Einzeichnen, die ein bis vier Felder auf dem Spielplan abdecken. Sie dürfen gedreht und gespiegelt werden. „Gefüllt“ werden können sie mit den Symbolen der verschiedenen Konstrukte. Für eine gewürfelte Eins oder Zwei gibt es eine Attraktion, das kann eine Achterbahn, Geisterbahn, ein Karussell oder eine Wildwasserbahn sein. Bei Drei bis Fünf sind es Verkaufsstände, Parkplätze oder „Landschaft“. Die Sechs ist sowohl für Form als auch für Inhalt ein Joker.
Hirnverdrehung in der Parkplanung
Alle Bauwerke außer der Landschaft benötigen drei oder teils deutlich mehr Felder in einer vorgegebenen Anordnung. Erst wenn die Anordnung korrekt ohne weitere oder fehlende Felder nachgebaut ist, gibt es Punkte. Gleiche Konstrukte dürfen nicht aneinander grenzen, was für einige Hirnverdrehungen in der Parkplanung sorgt. Außerdem gehören Parkplätze logischerweise an den Rand des Geländes und nicht in die Mitte.

In der Mitte dagegen haben wir das Problem, dass die beiden großen Attraktionen Wildwasser- und Geisterbahn freie Felder umschließen. Die wollen auch bebaut werden, sonst sammelt man dafür am Ende Minuspunkte.
Vier Wertungsskalen bei „Roll’n’Coaster“
Hat ein Spieler ein Bauwerk fertiggestellt, darf er es sofort werten. Attraktionen bringen Beliebtheit, Verkaufsstände Geld, Landschaften Nachhaltigkeit und Parkplätze – na was wohl? – Raum für abzustellende Fahrzeuge. Das bedeutet, wir können Felder in den vier entsprechenden Wertungsskalen abstreichen. Sobald ein Spieler die Mindestanforderung erfüllt hat, die über jeder Skala steht, endet das Spiel.

In der Schlusswertung prüfen alle, ob sie freie Felder innerhalb des Parks haben, sie zählen als Minuspunkte auf der Nachhaltigkeitsskala. So könnte der Spieler, der die Partie gerade beendet hat, doch nicht Sieger sein.
Erweiterung mit Auftragskarten
Nach den ersten Runden „Roll’n’Coaster“ können wir die eingangs erwähnten, ausgeschnittenen Auftragskarten ins Spiel nehmen. Neben Anforderungen wie „baue drei Wildwasserbahnen“ oder „fünf Karusselle“ gibt es auch die Möglichkeit Gleise für einen Bummelzug oder ein Bierzelt für ein Volksfest einzuzeichnen. Das sorgt für zusätzliche Abwechslung in einem durchaus gelungenen Roll’n’Write mit einer guten Balance zwischen Grübeln und Belohnung.
Nach dem Test von „Roll’n’Coaster“ bin ich gespannt, was Jonas P. Heim noch so alles auf unsere Spieltische bringen wird. Auf seiner Webseite stellt er Projekte und Prototypen vor. Da ist ein drittes Hering-Spiel zu finden, aber auch eins, bei dem Karten und Würfel zu stapeln oder Pizzabestellungen auszuliefern sind. Es geht also hoffentlich weiter mit Spielen von Heim Games.
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