Sommer im Wald, eine schöne, lichtdurchflutete Lichtung. Tiere und Pflanzen, die die Lichtung mit Leben füllen. Und mittendrin sitze ich und fluche mehr oder weniger leise vor mich hin, weil mir bei dem hübschen Legespiel „The Glade“ mal wieder so gar kein passendes Set gelingen will…
Bei aller Schönheit und thematischem Mantel ist „The Glade“ vor allem eins: ein abstraktes Legespiel, bei dem wir ordentlich ins Grübeln kommen! Ziel ist es, die eigene Lichtung in Form eines gerasterten Spielplans mit Leben – also Plättchen mit Tieren und Früchten – zu füllen. Dabei wollen wir durch geschickte Set-Bildung zwölf Giftpilze auf den zentralen Spielplan, aufs eigene Spielbrett oder das der Mitspielenden bringen.

„The Glade“ mit schnellem Aufbau
Dabei erinnert „The Glade“ ein wenig an Rummikub oder Scrabble, unterscheidet sich von beiden im Detail aber deutlich. Das Spiel-Ende wird eingeläutet, wenn eine Person am Tisch alle Pilze unters Volk gebracht hat. Dann geht es noch ans Punkte-Zählen.
Der Spielaufbau ist schnell erledigt. Alle bekommen eine eigene Lichtung (ein Spielbrett mit einem Acht-mal-acht-Raster) und ein Bänkchen für ihre Plättchen. In die Mitte kommt der zentrale Spielplan. Auf den legen alle ihre zwölf Marker (hübsche kleine Fliegenpilze aus Holz) auf die farblich passende Leiste am Rand. Dann werden noch acht Holz-Plättchen aus dem Beutel gezogen und aufs eigene Bänkchen gestellt. Kann losgehen!

Set-Bildung unter erschwerten Bedingungen
Der Kern von „The Glade“ ist die Bildung von Sets aus den uns vorliegenden Plättchen. Alle Plättchen zeigen drei Merkmale: Tier (Eichhörnchen, Frosch, Maus, Igel), Frucht (Brombeere, Eichel, Haselnuss, Pilz) und Farbe (grün, hellgrün, braun, hellbraun).
Ein Set besteht aus ein bis vier Plättchen, die immer in mindestens einem Merkmal übereinstimmen müssen. Die anderen Merkmale müssen dann entweder alle gleich oder alle verschieden sein.
Was ist warum ein Set bei „The Glade“?
Also: Drei Eichhörnchen mit drei unterschiedlichen Früchten und drei unterschiedlichen Farben bilden ein Set. Eichhörnchen, Igel, Frosch, mit drei unterschiedlichen Früchten, aber alle in hellgrün bilden ebenfalls ein Set. Aber: drei Igel, mit drei unterschiedlichen Früchten, zwei grün, einer hellgrün – die bilden eben kein Set. Klingt kompliziert? Ist es erstmal auch, zugegeben. Aber das gibt sich nach ein paar Zügen. Spätestens ab der zweiten oder dritten Partie erkennt man die Sets zügig.
Am liebsten will man dabei Sets aus drei Plättchen bilden, entweder indem man direkt drei von der Hand spielt, oder aber auf der Lichtung durch Anlegen von Plättchen ein neues Set entstehen lässt. Das erste Set wird in die Mitte der Lichtung gelegt. Danach will man eigentlich immer anbauen (muss es aber nicht) – frei liegende Plättchenketten ohne Verbindung zur Mitte bescheren am Ende Minuspunkte. Auch das Maximum – auf einmal ein Set aus vier Plättchen legen – ist ein gern gesehenes, aber seltenes Phänomen.
Vermisstenmeldung auf zentralem Spielplan
Hat man ein Dreier-Set geschaffen, gilt es, zu prüfen, welches Plättchen daraus nun ein vollständiges Vierer-Set machen würde. Denn es fehlt immer genau eines. Auf die Art merkt man übrigens auch schnell, wenn man ein falsches Set gelegt hat. Dann kann das fehlende Teilchen nicht eindeutig bestimmt werden.
Ein Beispiel: Drei Eichhörnchen, je eins mit Pilz, Eichel und Haselnuss in Hellbraun, Braun und Grün suchen nun ein viertes Eichhörnchen – mit Brombeere in Hellgrün. Man schnappt sich dafür einen eigenen Giftpilz und legt ihn im zentralen Raster auf genau dieses Feld des gesuchten Eichhörnchens. Das ist quasi die Vermisstenmeldung. Hat das Dreier-Set ein gemeinsames Merkmal, landet ein einfacher Pilz im Raster, bei zwei gleichen Merkmalen ist es sogar ein Doppelpilz – die Rückseite des Pilzmarkers.
Giftpilze als Punktemaschine bei „The Glade“
Ist die Seltenheit eines direkten Sets aus 4 Plättchen gelungen, nimmt man den Giftpilz sofort in den eigenen Vorrat. Und das wollen wir, denn die Giftpilze sind die Punktemaschine des Spiels. Jeder Giftpilz, der am Ende im Raster des zentralen Plans liegt, ist einen Punkt wert. Aber sie können noch viel mehr!
Zum einen kann man sich einfach die Giftpilze der anderen schnappen, wenn man denn ein Plättchen hat, dass sie suchen. Es wird einfach getauscht: Plättchen gegen den Giftpilz aus der Mitte. Wozu das Ganze? Im eigenen Vorrat sind alle Giftpilze am Ende des Spiels direkt mal zwei Punkte wert – auch die, der anderen Spieler.
Extra-Züge für geschicktes Bauen
Zum anderen schenken die Giftpilze Zusatz-Züge bei geschicktem Bauen. Gelingt es, auf dem eigenen Spielplan kleine Lichtungen zu bauen, also freie Felder, die komplett von Plättchen umschlossen sind, darf man einen Giftpilz aus dem eigenen Vorrat hinein legen – und ist direkt nochmal dran mit einem kompletten weiteren Zug.

Das ist während des Spiels schon sehr mächtig. Zusätzlich bringen Giftpilze in Lichtungen am Ende des Spiels sogar drei Punkte.
Solo in den Wald
Der Solo-Modus von „The Glade“ ist sehr simpel umgesetzt – man spielt nur auf dem eigenen Spielplan, startet aber mit zwölf fremden Giftpilzen. Die liegen schon im Raster des zentralen Spielplans aus und liegen zum Aufsammeln bereit. Die Regeln des Spiels ändern sich solo quasi nicht. Am Ende geht es nicht nur darum, wie viele Punkte gemacht wurden – es werden auch die Runden gezählt, die man gebraucht hat, bis alle Giftpilze gelegt wurden. So sind 20 Punkte in elf Runden ein besseres Ergebnis als 25 Punkte in zwölf Runden.
Es ist also ein Rennen auf Punkte, das auch vom Glück des Plättchen-Ziehens abhängt. Das macht Spaß und birgt den ungeheuren Vorteil, dass man unbegrenzte Bedenkzeit hat, da niemand warten muss.
Immenses Grübelpotential
Man kann es schon heraus lesen: „The Glade“ ist zwar vom Spielablauf her recht simpel – Plättchen legen, eventuell Giftpilz ins Spiel bringen, nachziehen auf acht Plättchen, weiterspielen. Es birgt aber durch die Set-Bildung, das geschickte Bauen, das ständige Prüfen, wer gerade welches Plättchen sucht, erhebliches Grübel-Potential. Es sieht gemütlich aus, sehr entspannend und wirklich hübsch. Aber man sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass man dieses Spiel absolut zerdenken kann.
Die Spielvariante, die auf den Rückseiten der Spielbretter geboten wird, zieht die Denkschraube noch weiter an. Denn dann gibt es auch noch Zusatzpunkte, wenn passende Plättchen auf bestimmten Feldern liegen.
Glück durch Ziehen aus dem Beutel bei „The Glade“
Dazu kommt ein nicht zu leugnender Glücksfaktor. Denn man zieht nun mal Plättchen aus einem Beutel. Das läuft manchmal super, manchmal geht aber auch nichts zusammen. Hier ist eine gewisse Frustrationstoleranz gefragt, damit der Spaß am Spiel erhalten bleibt.
Einen echten Negativ-Punkt gibt es auch: die Farben. Wer auch immer auf die Idee kam, zwei Grün- und zwei Braun-Töne seien die beste Wahl in einem Spiel, in dem es auch auf die Unterschiedlichkeit der Farben ankommt – das war wirklich keine glückliche Entscheidung. Allerdings gibt es zusätzlich noch vier Blätter als Symbole für Spielende mit Farbsehschwäche. Die sind allerdings sehr klein und machen die kleinen Plättchen zusätzlich unübersichtlich für Einsteiger.
Empfehlung mit einem Aber
Ist all das eine Empfehlung für „The Glade“? Jein. Die Autorin dieses Beitrags liebt es, und vor allem solo kommt es immer wieder auf den Tisch, aber auch zu zweit macht es großen Spaß. Allerdings sollte man der Typ für abstrakte Legespiele mit Denksport sein, keine Angst vor Denkpausen haben und mit dem Glücksfaktor des Plättchenziehens leben können.
Dann bekommt man mit „The Glade“ ein Legespiel, das sich neu anfühlt, obwohl alle das Grundprinzip gut kennen. Aber durch die Giftpilze und die Möglichkeiten, die sie bieten, kommt ein neuer Kniff dazu, der dazu führt, dass sich das Spiel am Ende wenig mit anderen vergleichen lässt.
Tolles Material, schönes Spiel
Dazu ist die Ausstattung toll. Der englischsprachige Wertungsblock ist in der deutschen Anleitung gut aufgeschlüsselt und auch optisch macht das Spiel durchaus was her. Daher: Empfehlung ja, aber mit den genannten Einschränkungen.

Aus der Reihe
Gespielt haben wir „The Glade in Summer“, wie R&D-Games auf der Schachtel ankündigt, soll „The Glade in Winter“ folgen, dann sollen auch die Jahreszeitenmarkierungen auf den Plättchen Sinn bekommen (Stand Oktober 2025).
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